Historisch halbherzig: Buschmann feiert sich für Reduzierung von Ersatzfreiheitsstrafen

“Zehn Mal” sei versucht worden, die Ersatzfreiheitsstrafe zu reformieren, jubiliert Justizminister Marco Buschmann auf Twitter, er aber schaffe jetzt eine Reform. Doch die ist vor allem eins: historisch halbherzig.

Menschen, die in Deutschland nach einer Verurteilung die Geldstrafe nicht zahlen können, müssen als Ersatz ins Gefängnis. Besonders oft betrifft das Menschen die ohne Ticket Bus oder Bahn fahren. Rund 50.000 Menschen betrifft das jedes Jahr, die meisten von ihnen aus einem ganz bestimmten Grund: Weil sie bitterarm sind.

Warum Ersatz-Haft unfair ist

Dabei berechnet sich die Geldstrafe im Regelfall nach dem Nettoeinkommen der verurteilten Person: Das Nettoeinkommen geteilt durch 30 ergibt dabei einen sogenannten Tagessatz. Und bei jeder zweiten Verurteilung werden über 30 Tagessätze verhängt. Heißt: Mehr als ein Monatseinkommen ist weg!

Und hier werden Ersatzfreiheitsstrafen richtig ungerecht: Denn je ärmer ein Mensch ist, desto höher ist der Anteil an seinem verfügbaren Einkommen, das jeden Monat für Konsum draufgeht. Wer nur 1.000€ hat, gibt fast alles für Wohnung, Lebensmittel und Kleidung aus. Wer aber viel mehr Geld zur Verfügung hat, kann sich auch eine Geldstrafe locker noch leisten.

Buschmann-Reform bleibt viel zu mutlos

Diese Ungerechtigkeit will FDP-Justizminister Marco Buschmann nun abmildern. Er schreibt auf Twitter: “Wir werden die Ersatzfreiheitsstrafe halbieren: Künftig entspricht ein Tagessatz Geldstrafe einem halben Tag Ersatzfreiheitsstrafe.”

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Seine Reformbemühung bleibt damit auf halber Strecke stehen. Denn das System Knast-bei-Armut bleibt auch dann ungerecht, wenn es weniger arme Menschen trifft. Nicht die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafen schafft Klassismus, Ersatzfreiheitsstrafen als solche sind ungerecht!

Doch eine generelle Abschaffung will Buschmann nicht. Stattdessen soll es nach drei Jahren eine Evaluierung geben, obwohl die Studienlage jetzt schon eindeutig ist. BUSCHMANN SPIELT AUF ZEIT!

Justizminister traut sich nicht an wichtige Themen

Und noch eine Reform sitzt der FDP-Politiker aus: Die Ampel-Parteien hatten sich eigentlich darauf geeinigt, dass das Fahren ohne Fahrschein generell gar nicht mehr als Straftat, sondern nur noch als Ordnungswidrigkeit gelten soll. Damit müsste zumindest niemand mehr in Knast, nur weil er sich kein Ticket leisten kann.

Doch Buschmann bremst. Die Streichung des “Erschleichen von Leistungen”, wie es im StGB heißt, soll nicht zeitgleich mit der Reform der Ersatzfreiheitsstrafen kommen. Buschmann will sie erst “im nächsten Jahr” angehen. Dabei wäre ein entsprechender Gesetzesentwurf wirklich superleicht zu formulieren…

Gerechtigkeit im Strafrecht gibt es nur ohne Ersatzfreiheitsstrafen, wenn Armutsdelikte als Ordnungswidrigkeiten benannt werden und mit mehr Sozialarbeit statt einer Angst-Justiz.

Womit es Gerechtigkeit im Strafrecht nicht gibt? Mit FDP-Minister Buschmann.

Leider…


Geschrieben von: Technik Team

Technik Team