Wann kommt das Selbstbestimmungsgesetz?

Seit 40 Jahren sorgt das Transsexuellengesetz für Diskriminierung. Die Ampel hatte darum eigentlich angekündigt, dass TSG schnell durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen. Der Entwurf liegt vor, ist aber noch nicht beschlossen. REVOLTE erklärt, warum.

Transgeschlechtlichkeit bedeutet, dass Menschen bei der Geburt ein Geschlecht zugewiesen wurde, das nicht ihres ist. Zum Beispiel, weil die primären Geschlechtsmerkmale etwas suggerieren. Wer bei der Geburt keinen Penis hat, aber ein Mann ist, ist transgeschlechtlich.

Transgeschlechtlichkeit ist für die Betroffenen eine echte Herausforderung: Viele trans Personen erleben Ausgrenzung und Diskriminierung, empfinden Scham und erleiden deswegen oft auch psychische Erkrankungen. Die schockierende Bilanz: Eine US-Studie zeigt, dass jede*r zweite*r trans Jugendliche bereits einen Suzidversuch unternommen hat.

Deutschlands Hass auf queere Menschen

Doch damit nicht genug: Auch der Staat diskriminiert trans Personen massiv – und lässt sie auch finanziell bluten!

Den rechtlichen Umgang mit transgeschlechtlichen Menschen regelt in Deutschland seit 1980 das sogenannte Transsexuellengesetz (TSG). Es schreibt unter anderem eine Zwangs-Sterilisation vor, wenn trans Personen ihre Transidentität staatlich anerkennen lassen wollen. Und: Für eine geschlechtsangleichende OP oder die Personenstandsänderung im Personalausweis sind zwei (!) psychologische Gutachten erforderlich, WELCHE DIE TRANS PERSONEN AUCH NOCH SELBST BEZAHLEN MÜSSEN!

Neben dem ungerechtfertigten staatlichen Eingriff in die Familienplanung bedeutet das Kosten von durchschnittlich 1.900€!

Zeit für ein Selbstbestimmungsgesetz – Sagt auch die Bundesregierung

Das TSG ist schlimmer aus der Zeit gefallen als die Porsche-Liebe von Christian Lindner!

Apropos FDP: Für die Überwindung, also die Ablösung, des TSGs ist in der Bundesregierung unter anderem Justizminister Marco Buschmann (FDP) zuständig. Und der blockiert die Umsetzung, obwohl SPD, Grüne und FDP sie im Koalitionsvertrag vereinbart haben und ein entsprechender Gesetzesentwurf längst vorliegt!

Das bestätigt der Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann (Grüne): “Ich freue mich, dass Justizminister Buschmann die Arbeiten zum Selbstbestimmungsgesetz als weitgehend abgeschlossen ansieht. Der Entwurf liegt jetzt im Justizministerium zur Freigabe.” 

Und weiter: Das diskriminierende Transsexuellengesetz muss dieses Jahr abgelöst werden, das sind wir den Menschen schuldig.”

Auch die SPD fordert die schnelle Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes. Ihr queerpolitische Sprecher, Falko Droßmann, erklärt: “Das Transsexuellengesetz von 1980 ist in Teilen verfassungswidrig und muss abgelöst werden!”

WORAUF WARTET BUSCHMANN

Wieso steht also FDP-Politiker Buschmann auf der Bremse? 

Immerhin geht es doch um Selbstbestimmung und ein anderes Wort für Selbstbestimmung lautet: FREIHEIT! Freiheit bei der Familienplanung, Freiheit bei der Hinzuziehung psychologischer Betreuung, Freiheit bei der Namens- und Personenstandswahl. 

Und von Freiheit reden Buschmann und die FDP doch sonst immer…

Ende letzten Jahres gab Marco Buschmann ein Interview zum Thema, REVOLTE berichtete.

Darin sagte er unter anderem: “Die Betreiberin einer Frauen-Sauna soll auch künftig sagen können: Ich will hier dem Schutz der Intimsphäre meiner Kundinnen Rechnung tragen und knüpfe daher an die äußere Erscheinung eines Menschen an.”

Buschmann-Mythen statt Trans-Expertise: Das ist eine Gefahr für die Gesetzgebung!

Justizminister Buschmann ist eine Gefahr für trans Personen

Denn Buschmanns Satz ist nicht nur absurd, sondern es ist auch nicht mit Evidenz belegt, dass Männer ihren Personenstand mit allen Konsequenzen ändern, um in Schutzräume von Frauen einzudringen. Niemand tut so, als sei er trans. Denn Männer, die Frauen Gewalt antun wollen, TUN DAS BEREITS. Die brauchen dafür kein Selbstbestimmungsgesetz!

Viel wahrscheinlicher ist, dass eine Penis-Klausel für die Sauna zu weiterer Gewalt gegen trans Personen führen wird. Weil sie von cis Männern in der Herrenumkleide bedroht und angegangen werden. Trans Personen werden schließlich schon heute überdurchschnittlich häufig Opfer von Gewalt.

Das weiß auch Queer-Beauftragter Lehmann: “Ich kann persönlich überhaupt nicht verstehen, dass von einigen jetzt so getan wird, als seien transgeschlechtliche Menschen das Problem. Sie werden für Gewalt und Übergriffe verantwortlich gemacht, obwohl sie doch selbst Opfer und im Alltag massiver Diskriminierung ausgesetzt sind.”

Und auch die Frauenhauskoordinierung, die bundesweit 260 Frauenhäuser und 270 Frauenberatungsstellen betreibt, widerspricht Buschmanns Bauchgefühl: “Die Bedrohungsszenarien,die bzgl. Selbstbestimmung heraufbeschworen werden, sind auch irreführend, weil trans* Frauen schon seit vielen Jahren in Frauenhäusern Schutz finden.”

Was jetzt zu tun ist

Heißt: Das Justizministerium hat KEINE inhaltlich-begründbaren Bedenken gegen das Selbstbestimmungsgesetz. Buschmann und die FDP haben offenbar nur ein Problem mit persönlicher Freiheit.

Traurig, was aus der FDP geworden ist!

Das Selbstbestimmungsgesetz ist im Koalitionsvertrag vereinbart. Die FDP kann sich also nicht ewig quer stellen. Und das sollte sie auch nicht, weil ihre Politik gerade die Rechte und Würde queerer Menschen einschränkt. Von wegen Fortschritt.

Also: DRUCK MACHEN AUF BUSCHMANN!

Slam-Poetin Paula Höll, selber transgeschlechtlich, hat auf ihrem Instagram-Account dazu aufgerufen, Buschmanns Justizministerium zu schreiben und den Minister an den Koalitionsvertrag zu erinnern.

Sie appelliert gerade an nicht-transgeschlechtliche Personen, jetzt solidarisch zu sein. Denn Freiheit geht uns alle an.

Auch wenn Marco Buschmann das scheinbar noch nicht begreift.


Geschrieben von: Technik Team

Technik Team