
Seenotrettung ziehe weitere Geflüchtete an – Mit dieser Behauptung wettern konsverative Politiker*innen seit Jahren gegen Hilfsorganisationen. Eine Studie zeigt nun: Das stimmt nicht.
“Es gibt keine Verbindung zwischen lebensrettenden Aktionen im Meer und der Zahl der Migrant*innen!”
Zu diesem eindeutigen Schluss kommt der Wissenschaftler Julian Wucherpfennig von der Berliner Hertie-School. Er ist Co-Autor einer in “Scientific Reports” veröffentlichten Studie zu den Gründen von Fluchtbewegungen.
Auch Ramona Rischke vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung hat an der Studie mitgearbeitet. Der Wissenschaftler kommt zu einem genauso eindeutigen Ergebnis: “Rettungsaktionen retten vor allem Leben, aber sie ziehen keine zusätzlichen Migrant*innen an.”
Auch das Ausmaß der Rettungsaktion spielt gemäß der Studie keine Rolle. Selbst riesen Rettungsaktionen wie “Mare Nostrum”, bei der die italienische Küstenwache unter den Augen der Weltöffentlichkeit zwischen 2013 und 2014 über 100.000 Menschen aus dem Mittelmeer rettete, lösten keine zusätzlichen Fluchtbewegungen aus.
Die Wissenschaftler*innen analysierten für die Studie Daten aus der Zeit von 2011 bis 2020 von der EU-Grenzschutzagentur Frontex, der libyschen und tunesischen Küstenwache, der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und einer Nichtregierungsorganisation, die die Identität von Migranten ermittelt, die im Mittelmeer sterben. So entwickelten sie ein Modell, um Fluchtursachen festzustellen.
Jahrelange Behauptung sollte Bevölkerung in die Irre führen
Und das widerspricht den bisher gängigen Vorbehalten konservativer Politiker*innen gegen die Seenotrettung eindeutig. Vorgebracht hatten die ihre Bedenken übrigens schon immer gegen erheblichen Widerspruch.
Ein Beispiel: Kurz vor der letzten Bundestagswahl sprach sich der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) beispielsweise gegen die Aufnahme von aus Seenot geretteter Flüchtender aus: “Die Verteilung der Schutzsuchenden kommt nicht in Betracht, da diese als Pull-Faktor gesehen werden.” Doch schon zwei Jahre vorher hatte der damals zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos deutlich gemacht: “Es ist unser vorrangiges Ziel, Leben zu retten und legale Wege für Schutzbedürftige zu öffnen.”
Konservative wussten es eigentlich immer schon besser, doch sie klammerten sich an den Mythos Pull-Faktoren, um ihre Ablehnung von Geflüchteten IRGENDWIE zu begründen. Jetzt ist ENDLICH offiziell: Ihr Mythos ist eine Lüge!
Was stattdessen die Aufbruchsgründe sind? Vor allem wenig überraschend. Laut der Studie sind es sich verschlimmernde Konflikte, Naturkatastrophen und steigende Preise für Lebensmittel in der Heimat. Aber auch Wetterprognosen spielen eine Rolle.