Akte-Amthor: Nächstes Kapital im Augustus-Intelligence-Skandal

Bild von Philipp Amthor, dazu Text: Akte Amthor, nächstes Kapitel im Augustus-Intelligence-Skandal

Augustus Intelligence? Da klingelt doch etwas. Richtig: Es geht um einen krassen Lobbyskandal des CDU-Abgeordneten Philipp Amthor. Eine REVOLTE-Reportage über die unglaubliche Geschichte und ihre neuesten Entwicklungen.

“So ein geiler Typ!” – Mit diesem Satz begann für Philipp Amthor der vielleicht krasseste LOBBYSKANDAL seiner politischen Karriere. Denn mit diesem Satz begann seine Zusammenarbeit mit dem inzwischen insolventen US-Unternehmen Augustus Intelligence. Ein Rückblick. Denn:

“So ein geiler Typ!” Wer hat das nicht auch schon mal über Philipp Amthor gedacht?

Philipp Amthor ist der junge Hoffnungsträger der CDU – und stockkonservativ

Okay, zugegeben: Wahrscheinlich niemand. Oder wenn, dann höchstens mal ganz kurz. Zum Beispiel als das Video von der ersten Bundestagsrede von Philipp Amthor, der 2017 mit 25 Jahren ins Parlament gewählt wurde, viral ging. In ihr hatte der Jurist – Amthor hat schon vor seinen Einzug in den Bundestag das zweite juristische Staatsexamen abgeschlossen – nämlich einen Antrag der AfD für ein Burka-Verbot auseinander genommen. „Hören Sie mir mal zu, dann können Sie noch was lernen!“ hatte er unter anderem gesagt. Seine These: Wenn man in einem so sensiblen Bereich wie die Religionsfreiheit eingreifen will, dann sollte man zumindest wissen, was man tut und ein wasserfestes Papier vorlegen. Doch: „Zwei Drittel der Abgeordneten in Ihrer Fraktion sind Juristen. Von dieser Expertise kann man in Ihrem Antrag aber gar nichts finden!“, schimpfte Amthor.

Eine verhängnisvolle Nebentätigkeit

Aber auch schon damals wäre ein progressiver Hype um Amthor ungerechtfertigt gewesen, denn dieser junge Mann, der es in seiner Rede mit beinahe 90 Faschist*innen aufnahm, tat das nicht, weil er ein Burka-Verbot falsch fände. Im Gegenteil: Wüsste er einen grundgesetzkonformen Weg, um die Vollverschleierung aus religiösen Gründen zu verbieten, Amthor würde sie vermutlich direkt selbst beantragen. Als bei einer Wahlkreisveranstaltung nach der Fußball Weltmeisterschaft 2018 ein Anhänger Amthors den ehemaligen Fußballnationalspieler Mesut Özil als „Ölauge“ beschimpfte, lachte dieser. Und als auf der selben Veranstaltung wenig später die Nationalhymne gesungen werden sollte, spottete Amthor sogar selbst: „Hier ist ja jetzt kein Moslem, der das jetzt nicht singen kann.“ Das war rassistisch.

Ja, Amthor mag jung sein und beispielsweise die modernen digitalen Kommunikationswege entsprechend gut beherrschen. Und ja, Amthor ist auch intelligent, gebildet und versteht viel vom politischen Geschäft. Aber Amthor ist auch durch und durch konservativ. Und so sehr in der CDU verwurzelt, dass er sich vielleicht ein kleines bisschen zu sehr an Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble sowie ihrer Spendenaffäre orientierte. Der Reihe nach.

Amthor nutze seinen politischen Einfluss für ein US-Unternehmen

Das „So ein geiler Typ!“ stammt nämlich aus einem internen Firmenchat von Augustus Intelligence, einer Firma, die irgendetwas mit Künstler Intelligenz gemacht hat, was genau, verriert sie nicht und die im New Yorker One World Trade Center ihren Sitz hatte. Ihre Firmengründer waren zwei deutsche Auswanderer: Wolfgang Haupt, inzwischen verstorben, und Pascal Weinberger. Letzterer gilt laut Forbes als KI-„Wunderkind“ und hat den Satz geschrieben.

Warum? Ganz einfach: Nachdem Amthor die Gründer kennengelernt hatte und von ihnen in den Board of Directors, vergleichbar mit einem deutschen Aufsichtsrat, aufgenommen wurde, schrieb er 2020 einen Brief an den damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Altmaier ist wie Amthor in der CDU. Und den Brief schrieb Amthor auf Briefpapier des Deutschen Bundestages, also in seiner Funktion als gewählter Abgeordneter und nicht als Aufsichtsratsmitglied bei Augustus Intelligence, einen Nebenjob, den Amthor kurz vorher heimlich angetreten hatte. Konkret warb Amthor bei Altmaier für die Firma, sie sei eine tolle „politische Investitionsmöglichkeit“ und wolle gerne auf dem deutschen Markt Fuß fassen. Er wolle deswegen gerne ein Treffen zwischen den Firmenchefs und Altmaier vermitteln. Dieser Bitte folgte das Ministerium prompt: Zwar traf sich statt Altmaier sein Stellvertreter Christian Hirte (auch CDU) mit Amthor und den Augustus-Leuten, der jedoch gleich zweimal. Auch der damlige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) lud sie ein, weil er auch für digitale Infrastruktur zuständig ist.

Da liegt die Frage nah, welches Interesse die Menschen in Philipp Amthors Wahlkreis daran hatten. Schließlich agierte Amthor mit seinem Brief ja als ihr gewählter Vertreter im Bundestag. Tatsächlich aber dürfte statt den Bürger*innen eher Amthor selbst ein Interesse am Firmenerfolg von Augustus Intelligence gehabt haben. Denn für seine Arbeit im Aufsichtsrat erhielt der CDU-Politiker Aktienoptionen. Und die funktionieren so: Amthor bekam durch sie die Option, zu einem späteren Zeitpunkt Aktien zum damaligen  Preis zu kaufen. Werden die Aktien bis dahin wertvoller – beispielsweise weil der Bundeswirtschafts- oder -verkehrsminister die Rahmenbedingungen für das Unternehmen verbessert hat – hätte er die günstigen  Aktien direkt teurer weiterverkaufen können. Es winkte also, anders als beim Aktienhandel für Privatpersonen üblich, Gewinn ohne Risiko. Als der Vorgang im Juli 2020 öffentlich wurde, trat Amthor allerding aus dem Auftsichtsrat zurück und verzichtete auch auf die Aktienoptionen.

Es braucht mehr Transparenz im Bundestag

Zwei Punkte sind zur Einordnung hier aber trotzdem wichtig:

1. Abgeordnete im Bundestag dürfen Nebentätigkeiten nachgehen. Aber sie dürfen ihren politischen Einfluss natürlich nicht nutzen, um daraus einen unternehmerischen Vorteil zu erzielen. Im Klartext: Wer als Abgeordnete*r einer Nebentätigkeit nachgeht, darf natürlich nicht für seinen Arbeitgeber Lobbyarbeit leisten. 

2. Amthor machte weder in seinem Brief an Wirtschaftsminister Altmaier noch gegenüber den Menschen in seinen Wahlkreis transparent, dass er die Aktienoptionen besaß. Zwar gab er gegenüber der Bundestagsverwaltung, bei der Abgeordnete ihre Nebentätigkeiten anmelden müssen, an, dass er im Board of Directors von Augustus Intelligence saß, Aktienoptionen waren bis dato jedoch anders als konkrete Gehälter nicht veröffentlichungspflichtig.

Desweiteren wurde Amthor von Augustus Intelligence zu Firmenreisen – und das ist kein Witz – in Privatjets und mit Austern und Champagner eingeladen. Wer für die Spesen Amthors dabei zahlte, ist unklar. Auch das war nicht veröffentlichungspflichtig. Hier steht der Vorwurf der Bestechlichkeit im Raum. Und: Auch Amthors weitere angemeldete Nebentätigkeit bei einer US-Anwaltkanzlei, bei der er als freier Mitarbeiter zwischen 1.500€ und 3.000€ im Monat zu seinem Abgeordnetenmandat hinzu verdient hat, hatte enge Verbindungen zu Augustus Intelligence.

Wegen all dem ermittelte damals bereits die Staatsanwaltschaft. Weil die Staatsanwaltschaft jedoch nicht auf alle Dokumente zugreifen konnte und die Rechtslage ein Verfahren verkompliziert hatte, musste das Verfahren eingestellt werden. Juristisch gilt Philipp Amthor damit als nicht schuldig. Doch moralisch gestand er seine Schuld ein und verzichtete unter anderem auf den Landesvorsitz der CDU Mecklenburg-Vorpommern.

Augustus Intelligence setzt neben Amthor noch auf weitere Ex-Politiker

Bevor wir nun zu den aktuellen Entwicklungen in diesem Fall kommen, müssen wir noch kurz über Augustus Intelligence selbst reden. Weil das alles echt schwer zu glauben ist. Also: Aus den vom Spiegel geleakten internen Chats der Firma geht hervor, dass die Firmengründer planen, in wenigen Jahren die wertvollste Firma der Welt aufzubauen. Nach Aussage zweier ehemaliger Mitarbeiter, die sich zwischenzeitlich auch in einem Rechtsstreit mit Augustus intelligence befanden, hatten sie aber weder ein fertiges Produkt, noch nennenswerte Umsätze oder relevante Kunden. Bisweilen sollten – auch das berichten die Ex-Mitarbeiter – Mitarbeiter*innen sogar aufgefordert worden sein, Freund*innen mit zur Arbeit zu bringen, wenn potenzielle Investor*innen die Büros besichtigen kommen, damit es nicht so leer sondern ordentlich geschäftig aussah.

Das kann man sich eigentlich nicht ausdenken.

Und Amthor war auch nicht der einzige aus der deutschen Politik bekannte Mann, den es nun zu Augustus Intelligence verschlagen hat: Auch der ehemalige Wirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor (Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Buhl-Freiherr von und) zu Guttenberg, der entlassene Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen (CDU) und der ehemalige BND-Präsident August Hanning (parteilos) sind für die Firma tätig. Das übrigens hätte Amthor zu denken geben sollen: Wieso braucht eine Firma, wenn sie ein seriöses Geschäftsmodell hat, noch einen Bundestagsabgeordneten als Aufsichtsrat, wenn sie doch einen ehemaligen Wirtschaftsminister in ihrem Vorstand hat, um Kontakte zum amtierenden Wirtschaftsminister herzustellen?

Aber auch die Zusammenarbeit mit Hans-Georg Maaßen, der sich in seiner Freizeit für die Werteunion, eine CDU-interne Gruppierung, die auf eine Zusammenarbeit mit der AfD hinarbeitet, engagiert, war für Amthor problematisch. Denn Amthor saß zu diesem Zeitpunkt für die CDU im Bundestag in dem Untersuchungsausschuss, der den Anschlag auf den Breitscheidtplatz politisch aufklären soll und demnächst unter anderem Hans-Georg Masßen als Zeugen vorlud. 

Warum die Reaktion von Amthor unserer Generation schadet

Amthor hat sich zu all dem damals übrigens nur bei Instagram geäußert. Dort schrieb er Sätze wie: „Ich bin nicht käuflich“ oder „Es war ein Fehler“, die wie eine Entschuldigung klangen. Doch er schrieb auch: „Mein Engagement für das Unternehmen entspricht rückblickend nicht meinen eigenen Ansprüchen an die Wahrnehmung meiner politischen Aufgaben. Dieses Kapitel ist mir eine Lehre. Deshalb habe ich die Konsequenzen daraus gezogen und meine Nebentätigkeit beendet.“ Damit suggerierte Amthor, dass er selbst über sein Verhalten urteilen könne und objektiv darüber entscheidet, was angemessen ist. In eine ähnliche Kerbe schlägt der stellvertretende Vorsitzende der gemeinsamen Bundestagsfraktion von CDU und CSU Johann Wadephul: Amthor sei „eben noch jung“.

Philipp Amthor hat sich schon damals politisch unglaubwürdig gemacht. Er scheint käuflich zu sein und nicht über die notwendige moralische Integrität zu verfügen, um Bundestagsabgeordneter zu bleiben oder gar Ministerpräsident zu werden. Sein intransparentes Handeln hat – selbst wenn es juristisch nicht verboten war – das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie und die Unabhängigkeit der Abgeordneten erschüttert. Das ist der härteste Vorwurf, dem man einem Politiker oder einer Politikerin machen kann. Aber er ist begründet. Philipp Amthor ist auf ganzer Linie kein „geiler Typ“.

Neue schockierenden Entwicklungen

Und auch wenn Philipp Amthor mit seiner  durchschaubaren Instagram-Strategie Erfolg hatte – seine politische Karriere ging nahezu unbeschadet weiter – ist das Thema doch noch nicht abgeschlossen: Aktuell kündigen sich auch juristische Konsequenzen für den CDU-Politiker an.

Denn wie eingangs erwähnt ist Augustus Intelligence längst insolvent. Und nun werden die Gründer und ihr Umfeld sogar vom ihrem US-Insolvenzverwalter verklagt. Er vermutet, dass die Investor*innen von Augustus Intelligence betrogen wurden, dass die Firma nicht das war, was sie vorgab zu sein und dass ehemalige Führungskräfte ihre Pflichten verletzt haben könnten. Die Klageschrift erhebt dabei schwere Vorwürfe, untermauert die schlimmsten Befürchtungen: Es ist die Rede von Betrug, von Vertragsbruch und der Verletzung der Sorgfaltspflichten. UND AMTHOR IST BEI ALLEM MITTENDRIN!

Das Fazit von Insolvenzverwalter Brian Ryniker: Bei Augustus Intelligence hat es von Anfang an um eine Betrugsmasche gehandelt! Die Firma habe nie über das behauptete Startkapital von etwa 50 Millionen Dollar und auch nicht über den versprochenen Zugang zu wichtigen Krypto-Technologien verfügt. Doch GENAU DAS behauptete das Team stets – auch öffentlich. Um etliche MILLIONEN hat man Investor*innen so betrogen.

Der amerikanische Liquidator fordert deshalb nun Schadenersatz in Millionenhöhe. Auch von Amthor. Denn der CDU-Abgeordnete soll genau wie die Firmengründer über Missstände bei Augustus informiert gewesen sein und auch darüber, dass den Investoren weit mehr versprochen wurde, als tatsächlich vorhanden war. Effektive interne Kontrollen seien nämlich nicht aufgebaut worden, die Verantwortlichen hätten ihre Aufsicht verletzt und sich nicht an US-Gesetze gehalten. Sie sollen außerdem versäumt haben, darauf zu achten, dass das Marketing von Augustus für die Investoren faktisch korrekt war und die wahren Sachverhalte abbildete. Hat die Klage Erfolg, wäre PHILIPP AMTHOR EIN VERURTEILTER BETRÜGER!

Amthor entzieht sich der Verantwortung

Fest steht: JETZT KANN AMTHOR NICHT MEHR VOR SEINER VERGANGENHEIT WEGLAUFEN! Auch wenn er aktuell zu den Vorwürfen schweigt. Denn einen verurteilten Betrüger in den eigenen Reihen kann die CDU im Bundestag sicher nicht dulden.

Aber unabhängig vom juristischen Schuldspruch hat Amthor sich moralisch schuldig gemacht, Vertrauen verspielt, Privilegien missbraucht. Es bleibt zu hoffen, dass er ENDLICH seinen Anstand wieder findet und von seinen politischen Ämtern zurücktritt.


Geschrieben von: Technik Team

Technik Team