Söder besorgt: Will die Regierung Dir das Haus Deiner Oma wegnehmen?!

Kaum eine politische Debatte wird so emotional geführt wie die um die Erbschaftssteuer. Dabei wird in Deutschland zwar viel vererbt – aber es erben nur sehr wenige Menschen. Und die allermeisten Erb*innen erben auch nur so geringe Summen, dass keine Erbschaftssteuer fällig wird.

Wer über das Erben in Deutschland sprechen will, muss zwei Dinge wissen: 

1. Konkret betroffen sind von steuerpflichtigen Erbschaften nur eine sehr kleine Personengruppe. Denn nur 10% der Menschen in Deutschland erben ein größeres Vermögen als 85.000€ und das bei einem aktuellen Erbschaftssteuerfreibetrag von 500.000€ für Ehepartner*innen und 400.000€ für Kinder. 

2. Trotzdem wird in Deutschland immer mehr vererbt: Waren es 2010 noch 24,7 Milliarden Euro, stieg das Erbvolumen bis zum Jahr 2020 auf 50,2 Milliarden Euro an.

Das heißt: JEDES JAHR SICHERT SICH EINE KLEINE GRUPPE MENSCHEN MIT ERBSCHAFTEN EIN MILLIARDENVERMÖGEN – LEISTUNGSLOS! Während die Bevölkerungsmehrheit leer ausgeht. Damit entscheidet die Herkunft stärker über die eigenen Chancen als Fleiß oder Talent. Kein Wunder, dass Deutschland eines der klassizistischen Länder Europas ist!

Jetzt hat die Bundesregierung angekündigt, die Erbschaftsteuer reformieren zu wollen. Und sofort war der Aufschrei riesig:

Markus Söder, CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident appellierte sofort eindringlich an alle mit dem Wort Erbschaftssteuer verbundenen Ängste: “Die Erhöhung der Erbschaftsteuer führt zu Verlust von Heimat! Viele können es sich nicht mehr leisten, ihr Häuschen an die Kinder weiterzugeben. Wir halten das für ungerecht & rechtlich nicht tragbar.”

Aber stimmt das, was Söder sagt? Oder will der CSU-Chef mit billigem Populismus Ängste schüren, um neoliberale Lobbypolitik für Bayern-Bonzen durchzusetzen? REVOLTE bittet zum Faktencheck.

Also, worum geht es der Bundesregierung bei der Reform der Erbschaftssteuer?

Um die Neubewertung von Immobilienerbschaften, die angeblich für deutlich höhere Steuerlast sorgt, auch bei “Omas Häuschen”. Grundlage ist das neue Jahressteuergesetz, das die Bewertungsverfahren bei einem Immobilien-Erbe ändert.

Genauer geht es um die sogenannten Sachwert- und Ertragswertverfahren. Unter anderem geht es darum, dass eine längere Nutzung der Immobilie angenommen wird – 80 statt 70 Jahre. Dadurch kann der berechnete Immobilienwert tatsächlich steigen. Doch alle, die in den letzten Jahren nach einer Mietwohnung oder einem Eigenheim gesucht haben, wissen: Höhere Immobilienpreise sind auch am Markt bittere Realität.

Aber: Die bisher geltenden Freibeträge sollen nicht abgesenkt werden. Und bei Eigentumswohnungen und Ein- bis Zweifamilienhäusern in der Stadt kommt ohnehin ein anderes Wertermittlungs-Verfahren zum Einsatz. BEI OMAS HÄUSCHEN ALSO GAR NICHTS.

Und auch wenn Oma ein Landhaus hatte, greift die Reform nicht, weil die neue Berechungsgrundlage nicht für Immobilien in ländlichen Regionen gelten soll.

Wen wird die Reform denn dann treffen?

Statt um Omas Häuschen geht es also um das Firmengelände nebenan.

Vor allem die Vermieter*innen von Mietshäusern, die Besitzer*innen von aufwendigeren und ungewöhnlichen Eigenheime und, wer hätte es gedacht, die Erb*innen von sehr großen Betriebsvermögen. Kurzum: Genau die, die heute schon Vermögen erben und damit die Schere zwischen Arm und Reich auseinanderziehen.

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Und das ist richtig – Sagt das Bundesverfassungsgericht: Die Karlsruher Richter*innen haben nämlich schon mehrfach kritisiert, dass etwa genau die Betriebsvermögen und Großgrundbesitzer, um die es hier geht, bei der Erbschaftsteuer notorisch unterbewertet sind.

Konkret kritisiert das Verfassungsgericht unter anderem, dass heute auf Erbschaften unter 20 Millionen Euro im Durchschnitt 9% Erbschaftssteuer gezahlt wird, auf Erbschaften über 20 Millionen Euro aber nur 2,8% und 40% der Menschen, die mehr als 10 Millionen Euro erben, dank Steuertricks bislang sogar gar keine Erbschaftssteuer zahlen.

K. O. nach Argumenten: Krasse Niederlage für Söder-Populismus

Kurzum: Die Reform der Erbschaftssteuer ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Aber um endlich alle Steuerprivilegien der Superreichen zu beenden, bleibt auch im kommenden Jahr noch allerhand zu tun.

Und auch SPD-Finanzexperte Michael Schrodi findet:


Geschrieben von: Technik Team

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