Absurde Böllerdiskussion: Erst Freiheitskampf, dann rassistische Hetzjagd

Politiker*innen von CDU und FDP freuten sich kurz vor Silvester über den hohen Absatz an Feuerwerkskörper im letzten Jahr. Nachdem in der Neujahrsnacht viele Unfälle und auch Übergriffe folgten, änderten sie ihre Meinung: Böllerei ist jetzt kein Freiheitskampf mehr, sondern Ausdruck fehlender Integrationsbereitschaft.

Wegen Corona durfte in den Jahren 2020 und 2021 keine Feuerwerkskörper verkauft werden. Das Feuerwerk an Silvester fiel darum in den meisten Privathaushalten aus.

In den meisten – das heißt nicht in allen. Ganz konkret zog ein Mann in den “Freiheitskampf”: Der bayrische FDP-Fraktionsvorsitzende verkündete letztes Jahr stolz in der BILD, dass er trotz Böller-Verbot böllern würde:

Für FDP-Minister Buschmann ist das der Böller an Silvester das selbe wie die Demo im Iran

Aber auch in diesem Jahr durfte die Debatte um das sogenanntes Böllerverbot nicht fehlen. Und zwar weil dessen Gegner sie regelrecht gesucht haben. In zahllosen Tweets und Meinungsbeiträgen bei WELT und Co. hetzten sie das Abbrennen eines Silvesterfeuerwerks zum Ausdruck einer freiheitlichen Gesellschaft hoch.

Und als eine Gruppe Sprachwissenschaftler*innen daraufhin den Negativpreis Floskel-Des-Jahres an ihre Verwendung des Wortes Freiheits vergaben, bemühte selbst Bundesjustizminister Marco Buschmann absurde Analogien:

Für eine wachsende Gruppe selbsternannter Liberaler endet Demokratie scheinbar da, wo sich eine Mehrheit für Umwelt- und Tierschutz oder das Tragen von medizinischen Masken in Bus und Bahn entscheidet.

Schlimmer kann man Freiheit gar nicht mit Füßen treten. Schlimmer kann man Freiheitskämpfer*innen in aller Welt gar nicht verhöhnen.

Konservative gegen Gewalt: Nur wenns der CDU gerade in den Kram passt

Doch spätestens mit Beginn dieser Woche wurde die Böller-Diskussion noch schlimmer – nämlich rassistisch:

Nachdem konservative Politiker*innen erst zur Rechtsterror-Razzia in der Reichsbürger*innen-Szene schwiegen und auch zum Pakt von CDU und AfD von Merz nichts zu hören war, stürmten CDU-Rechtsaußen wie Christoph de Vries sofort die digitale Diskussion als auf den Überwachungsbildern aus der Silvesternacht auch nur schwarze Haare zu erahnen waren.

Mit Fakten haben ihre Äußerungen nichts zu tun. Die meisten polizeilichen Ermittlungen nach Gewalttaten in der Silvesternacht richten sich nämlich gegen deutsche Staatsbürger*innen. Auch auch sonst hat Kriminalität nichts mit der Staatsangehörigkeit zu tun: Denn unter den zehn Großstädten mit höchster Kriminalität liegen sechs in CDU-regierten Bundesländern und drei davon sogar in den Bundesländern, die den niedrigsten Ausländeranteil im ganzen Bund haben.

Wer – wie de Vries – einen Zusammenhang zwischen Pass und Kriminalität herstellt, ist also vor allem eins: Ein Rassist.

Selbsternannte Liberale und rassistische Konservative: Zusammen sind sie ein Giftcocktail

Selbsternannte Liberale und selbsternannte Konservative bilden dabei in der öffentlichen Diskussion den “Das-wird-man-doch-noch-sagen-dürfen”-Block. Kein Wunder also, dass mit dem Beginn der Anti-Ausländer-Kampagne von CDU-Politiker*innen, das Böller-Sind-Freiheit-Gerade von FDP-Anhänger*innen verstummt ist.

Doch genau hier wird es – anders als mit den Punkten, die Liberale und Konservative in der Böller-Diskussion ansprechen – wirklich gefährlich, denn die Gruppe fraimt eine Diskussion nach Belieben um, immer so wie es zur gemeinsamen Agenda passt. Dabei orientieren sie sich weniger an ernsthaften Überzeugungen als an populistischen Potenzialen.

Dieses Verhalten ist Gift für eine gesellschaftliche Debatte. Und darum gefährlich für eine Demokratie.

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Dass man über die Böller-Ausschreitungen auch sachlich diskutieren kann, beweist übrigens die Bundestagsabgeordnete Maja Wallstein aus Brandenburg. Selbst ein ehemaliger Knallfrosch spricht sie sich auf Twitter nun auch für ein sogenanntes Böllerverbot aus. Aus Umwelt- und Tierschutzgründen und um gesundheitlichen Schäden vorzubeugen:

Im Gegenzug fordert sie Bundesmittel für die Kommunen, damit die öffentliche Lasershows veranstalten können.

So könnte jede*r ein Feuerwerk sehen.

Und ganz sicher genießen.


Geschrieben von: Technik Team

Technik Team