Warum das LNG-Terminal in Wilhelmshaven zeigt, dass Deutschland RICHTIG SCHNELL klimaneutral werden könnte

Nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine war klar: Deutschland will so schnell wie möglich unabhängig von russischen Energieimporten werden. Also brauchte es Alternativen für die Energiebeschaffung. Eine Lösung: Flüssiggas. Doch um das importieren zu können, musste erstmal ein LNG-Terminal gebaut werden. Das wurde heute eingeweiht – Nach Rekord-Bauzeit.

Denkt man an wichtige Bauvorhaben in Deutschland, kommt man vermutlich schnell auf den Hauptstadtflughafen BER. Denn der steht sinnbildlich für vieles, was bei großen Infrastrukturprojekten hier oft schiefläuft: Sie brauchen zu lange und sie kosten zu viel.

Doch mit dem neuen LNG-Terminal in Wilhelmshaven hat Deutschland gezeigt, dass es auch anders kann: Erst im Februar diesen Jahres wurde das Bauvorhaben konkret, schon im Mai rollten die Bagger an und jetzt, Mitte Dezember, konnte es auch schon in Betrieb genommen werden. Ein Rekord!

Warum die Freude über das LNG-Terminal nicht von Dauer sein kann

Damit kann die Bundesrepublik sich energiepolitisch dauerhaft unabhängig von Russland machen und perspektivisch auch von anderen Kohle-Importen loskommen. Aber klar ist auch: Das Flüssiggass, dass im Wilhelmshavener LNG-Terminal ankommen wird, ist auch nur eine Brückentechnologie. Gas ist nämlich auch nicht Co2-neutral. Heißt: Langfristig müssen wir auch davon los.

Womit wir beim eigentlichen Thema wären: Denn die Rekord-Bauzeit für das LNG-Terminal zeigt, was in Deutschland eigentlich möglich wäre, würden die Rahmenbedingungen stimmen. Doch das tun sie viel zu oft noch nicht. Ein Beispiel: 2019 baute Deutschland Stromtrassen von Nord nach Süd mit einer Länge von 30 Kilometern neu. Solche Trassen sind notwendig, um Co2-neutrale Windenergie von den Küsten bis nach Süddeutschland zu transportieren. 30 Kilometer klingt ganz gut? Hier ein Vergleich: Eine Weinbergschnecke legt pro Jahr fast 28 Kilometer zurück.

Wichtige Bauprojekte gelingen also wortwörtlich bislang im Schneckentempo!

Weswegen große Infrastrukturvorhaben sonst so oft auf der Strecke bleiben

Das hat im wesentlichen zwei Gründe: Zum einen sind die Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland besonders streng. Bestes Beispiel: Windkraftausbau. Kleine Bürger*innengruppen können mit Klagen und Protestaktionen den Bau von neuen Windrädern in ihrer Nachbarschaft oft über Jahre verzögern. Obwohl wir niemals klimaneutral werden können, wenn wir die Energiewende nicht hinbekommen.

Das hat – endlich! – auch die Bundesregierung erkannt und in diesem Jahr zwei Gesetzespakete verabschiedet, die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen sollen. Ziel ist es, dass damit irgendwann mal 2% der Landfläche für die Gewinnung von Windenergie genutzt werden können.

Und damit sind wir beim zweiten Problem: Der Finanzierung. Im Zuge des Krieges in der Ukraine hat die Politik schnell allerhand Geld organisiert. Wie vor zehn Jahren für die Bankenrettung. Oder vor zwei Jahren für den Kampf gegen Corona. Doch beim Versuch, die Klimakrise noch aufzuhalten, wird immer noch geknausert. REVOLTE fragt: WIESO GIBT ES EIN SONDERVERMÖGEN FÜR DIE BUNDESWEHR, ABER KEINES FÜR DEN AUSBAU ERNEUERBARER ENERGIEN?

Gewerkschaften und Umweltverbände fordern: Investitionsoffensive jetzt!

Die Energie-Gewerkschaft IGBCE, die auch viele weitere energieintensive Industrien wie die Chemie-Industrie vertritt, hat gemeinsam mit den Umwelt-Verbänden WWF, Germanwatch und dem Deutschen Naturschutzring ein Positionspapier veröffentlicht. Darin fordern sie genau das: 100 Milliarden Euro pro Jahr für den Ausbau von Erneuerbaren Energien und die Transformation der Industrie hin zum klimaneutralen Wirtschaften und größtmöglicher Resilienz bei Zukunftstechnologien.

Ein weiteres Sondervermögen, u. a. für eine Verkehrswende, hat darüber hinaus der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ins Spiel gebracht. Und auch hier braucht es genau das: Einen INVESTITIONSBOOST. Denn viele Ziele nachhaltiger Verkehrspolitik können erst umgesetzt werden, wenn die Rahmenbedingungen nachhaltig verändert wurden. So braucht es für ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket zum Beispiel erstmal deutlich mehr gut ausgebildetes Bahn-Personal und Bahn-Netze auch in ländlichen Regionen.

Die Transformation ist finanzierbar

Der Finanzierungsvorschlag beider Initiativen: WEG MIT DER SCHULDENBREMSE!

Die Argumentation dahinter ist logisch: Wichtige Investitionen sichern Steuereinnahmen in Zukunft. Darum ist es völlig verantwortbar, sie kreditfinanziert zu tätigen. Oder, metaphorisch ausgedrückt: Die vielzitierte schwäbische Hausfrau nimmt ja auch einen Kredit auf, um ein Haus zu kaufen, statt immer weiter Miete zu bezahlen.

Und hier geht es ja nicht nur darum, auch in Zukunft eine starke Wirtschaft zu haben. Es geht darum, weiter auf einem bewohnbaren Planeten zu leben. Dabei rennt uns gerade die Zeit davon. Wie gut, dass Deutschland in Wilhelmshaven gezeigt hat, dass es auch unter Zeitdruck funktionieren kann.


Geschrieben von: Technik Team

Technik Team