Kampfansage am Kampftag: Heil will Tarifflucht beenden!

Es war DIE Forderung der DGB-Gewerkschaften zum 1. Mai: Endlich wieder mehr Tarifbindung in Deutschland! Der Ruf der Arbeitnehmer*innen ist beim Arbeitsminister Angekommen: Hubertus Heil (SPD) kündigt einen Aktionsplan für mehr Tarifbindung und ein Tariftreuegesetz des Bundes an.

Nur knapp jede*r zweite*r Arbeitnehmer*in wird in Deutschland nach Tarif bezahlt. Erschütternd, denn vor 20 Jahren waren es noch zwei von drei Beschäftigten.

Vor allem für die rund 22 Millionen Arbeitnehmer*innen ohne Tarifbindung ist das eine bittere Pille, denn sie verdienen im Schnitt 11% weniger und arbeiten pro Woche eine Stunde länger als ihre Kolleg*innen in Betrieben mit Tarifvertrag. Hinzu kommen schlechtere Absicherungen im Alter, weil tarifvertragliche Regelungen zur Altersvorsorge fehlen, und im Krankheitsfall.

Die Tendenz ist aber nicht nur erschütternd, sie ist auch PEINLICH! Denn Deutschland unterschreitet als Tarifflucht-Hotspot auch europäische Vorgaben zur Tarifbindung: Die EU schreibt ihren Mitgliedstaaten nämlich vor, dass bis 2024 80% der Beschäftigten nach Tarif bezahlt werden müssen! Unsere Nachbarländer Belgien, Österreich und Frankreich sind da übrigens wesentlich weiter: Hier erfassen Tarifverträge bereits 90% der Arbeitnehmer*innen.

Und es sind ja nicht nur die Beschäftigten, die von Tarifbindung profitieren, auch die Unternehmen haben Vorteile: Der Wettbewerb mit der Konkurrenz wird fair geregelt und der Betrieb wird für Fachkräfte attraktiver.

Ein Argument, dass auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) anspricht. Der stellt fest, dass es viele kleine und mittelständische Betriebe gibt, die vor diesem Hintergrund bereits “anständig bezahlen” und tarifgebunden sind. Aber die würden – auch bei öffentlichen Aufträgen – oft “von Billigheimern unterboten”.

Hintergrund: Bislang muss der Bund bei Ausschreibung das günstigste Angebot annehmen – unabhängig von dessen politischer Bewertung. Also ob das entsprechende Unternehmen nach Tarif bezahlt und anderswie Arbeits- und Umweltschutzstandards einhält.

Gesetzeslücke schließen

Heils Forderung: DAMIT MUSS SCHLUSS SEIN! “Wir können nicht zusehen, wie wir mit Steuergeld in erheblichem Maße Tarifflucht noch begünstigen”, sagt der Arbeitsminister.

Sein Plan: Ein Tariftreuegesetz. Öffentliche Aufträge würden dann nur noch an solche Unternehmen gehen, die nachweisen können, dass sie tarifgebunden sind. Jede Firma, die irgendwie für den Staat und seine Institutionen arbeitet, müsste mit den zuständigen Gewerkschaften Tarifverträge schließen. Das entspricht einem Auftragsvolumen von 500 Milliarden Euro – JEDES JAHR! 

Tariftreuegesetze überall

Es wäre DER BOOSTER für die Tarifbindung! Heils Versprechen: “Wir werden das noch vor dem Sommer vorlegen!” Die Abstimmung mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) läuft.

Doch allein wird das nicht reichen, um die Tarifbindung auf 80% zu erhöhen. Und: Ein Tariftreuegesetz des Bundes umfasst nicht die Bundesländer und Kommunen. Sie müssten eigene Tariftreuegesetze bzw. -regeln festlegen. Einige Bundesländer, wie Niedersachsen, Bremen und das Saarland, haben entsprechende Regelungen schon. Doch die beiden größten Bundesländer, NRW und Bayern, beide übrigens unionsregiert, zum Beispiel noch nicht.

Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi fordert am heutigen Tag der Arbeit darum mehr Tempo von der Politik: “Es reicht nicht, bedauernd zu beobachten, wie die soziale Grundarchitektur unserer Demokratie beschädigt wird und an Tragkraft verliert.”

Fahimi weiter: “Wir akzeptieren keine Trippelschritte mehr!”

Logisch, denn bis 2024 ist es nicht mehr weit…


Geschrieben von: Technik Team

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