Schluss mit Ausreden: Gleiche Bezahlung jetzt!

Heute ist Equal Pay Day. In der Kolumne #WorkWorkWok beschäftigt sich REVOLTE darum mit dem Gender Pay Gap, seinen Ursachen und politischen Maßnahmen dagegen.

“Da hat der Kollege einfach besser verhandelt!”

Kaum ein Satz steht mehr für die systematische Schlechterbezahlung von Frauen als dieser. Denn wenn die schlechtere Bezahlung von Frauen auf männliches Verhandlungsgeschick zurückzuführen ist, dann kann es ja kein strukturelles Problem sein.

“Glück gehabt”, mag darüber so mancher Vorgesetzter gedacht haben, “muss ich meine Privilegien doch nicht hinterfragen”.

Doch so einfach ist das nicht.

Heute ist Equal Pay Day – das heißt: Frauen verdienen im Durchschnitt so viel weniger als Männer, dass sie bis heute umsonst gearbeitet haben. DAS WAREN IMMERHIN 66 Tage.

Übersetzt heißt das: Frauen verdienen statistisch betrachtet immer noch 18% weniger als Männer!

Als jemand, der mit einer kleinen Schwester über viele Jahre des Aufwachsen verhandeln musste – zum Beispiel darüber, wer von uns die größere Portion Nachtisch bekommt – muss ich feststellen: So viel besser verhandeln wir Männer ganz sicher nicht.

So sieht es auch Familienministerin Lisa Paus (Grüne): “Für mich ist das Patriarchat vorbei, wenn Frauen ökonomisch und politisch gleichgestellt sind!”

Für die Schlechterbezahlung von Frauen gibt es zwei Gründe: Zum einen arbeiten Frauen oft in Sorge- oder anderen schlecht-bezahlten Berufen, zum anderen aber verdienen Frauen auch im selben Job immer noch oft weniger als ihre männlichen Kollegen. Obwohl das längst illegal ist!

Hinzu kommt: Studien zeigen, dass mehr Frauen in einer bestimmten Branche zu einer negativen Lohnentwicklung in dieser führen. Ein Beispiel: Früher arbeiteten im Grundschullehramt überwiegend Männer, der Job war nahezu genauso gut bezahlt wie der Lehrer*innen-Job am Gymnasium. Heute arbeiten deutlich mehr Lehrer*innen an Grundschulen UND DIE LOHNLÜCKE KLAFFT AUSEINANDER!

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Zeit also nicht nochmal 66 Tage zu warten UND DAS ENDLICH ZU ÄNDERN!

Ein Schritt auf dem Weg dahin soll die Einführung eines Verbandsklagerechtes sein, das Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) angekündigt hat.

Denn bislang ist es so: Nur Beschäftigte in Unternehmen mit über 200 Beschäftigten haben einen Anspruch darauf, ihr Gehalt mit dem ihrer Kolleg*innen zu vergleichen und eine Anpassung einzufordern, wenn sie ein Gender Pay Gap feststellen. Also nicht den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit bekommen.

Hinzu kommt: Die Gehaltsanpassung müssen die betroffenen Frauen bislang selbst geltend machen. Sie müssen also proaktiv auf ihren Arbeitgeber zugehen und die Lohnerhöhung im Zweifel sogar selbst vor Gericht einklagen.

Das Verbandsklagerecht würde beides ändern. Es würde auch Beschäftigten in Betrieben mit weniger als 200 Mitarbeiter*innen Rechtssicherheit beim Pay-Gap-Check geben und Gewerkschaften erlauben, stellvertretend für ihre Mitglieder zu klagen. Was es für die natürlich erheblich einfacher macht, zu ihrem Recht zu kommen.

Die Einführung also: überfällig! 

Wer einen gerechten Arbeitsmarkt will, kann da nichts gegen haben. Und wer keinen gerechten Arbeitsmarkt will, findet auch nur Ausreden…

Schlecht-bezahlte Berufe aufwerten

Die Gewerkschaften untermauern zum Equal Pay Day noch eine weitere, berechtigte Forderung: Sie fordern die Bundesregierung auf, Mini-Jobs zurückzudrängen. Ihre Argumentation: In Mini-Jobs arbeiten überwiegend Frauen. Doch sie sind nicht sozialversicherungspflichtig und stellen nachweislich auch keine Brücke in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse da. Heißt: Sie binden Frauen in schlecht-bezahlten Jobs und führen sie in Altersarmut. Damit muss Schluss sein!

Und die SPD Thüringen bringt eine sogenannte Familienarbeitszeit ins Spiel. Das bedeutet, dass in einer Lebensphase, in der wegen der Betreuung von Kindern oder der Pflege von Angehörigen eine Reduzierung der Arbeitszeit notwendig wird, geschlechtergerecht beiden Partner*innen eine Lohnersatzleistung geboten wird. Das macht die Arbeitszeitreduzierung nicht nur für beide Partner finanziell attraktiv, beide sind auch gleichermaßen gefordert und beide stehen dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung.

SPD-Politikerin Diana Lehmann: “Für echte Gleichberechtigung braucht es neue Lebensarbeitszeitmodelle, die Erwerbsarbeit an Sorgeanforderungen anpassen.”

Das Gender Pay Gap betrifft dabei nicht nur cis Frauen. Auch nicht-binäre und trans Personen werden schlechter bezahlt als ihre Kolleg*innen. Grund hierfür dürfte vor allem die gesellschaftliche Diskriminierung queerer Menschen sein.

Gericht kippt Ausrede

Womit wir wieder am Anfang wären. Beim Verhandlungsgeschick.

Denn letzten Monat hat das Bundesarbeitsgericht geurteilt, dass diese Ausrede nicht mehr zieht.

In einem Urteil erklärt das Gericht: “Eine Frau hat Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert nichts, wenn der männliche Kollege ein höheres Entgelt fordert und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgibt.”

Wurde ja auch Zeit, mit diesem Mythos aufzuräumen…


Geschrieben von: Technik Team

Technik Team