Kein Abschluss ohne Anschluss: Bundesregierung verpasst bei Ausbildungsplatzgarantie den großen Wurf

Eigentlich haben sich die Ampel-Parteien auf eine Ausbildungsplatzgarantie geeinigt. Doch ihr Gesetz zur Stärkung der beruflichen Ausbildung ist das nicht. Was im Vorschlag fehlt, erklärt REVOLTE.

70.000 junge Menschen haben im letzten Jahr keinen Ausbildungsplatz gefunden. Und über 200.000 sind in teilweise endlos langen Übergangssystemen gefangen. Klar: Startprogramme können Perspektiven schaffen. Aber junge Leute, die sich für eine berufliche Ausbildung entscheiden wollen, verdienen mehr: Nämlich einen Ausbildungsplatz in dem Beruf, für den sie sich begeistern!

Denn eine berufliche Ausbildung schafft Chancen. Und das gerade in Deutschland: Unser System der dualen Ausbildung, also der Kombination aus betrieblicher Praxis und theoretischer Bildung in der Berufsschule, ist weltweit anerkannt.

Und das ist auch bitter nötig. Denn es werden mehr Menschen gebraucht, die sich für eine duale Ausbildung entscheiden. Schließlich ätzen immer mehr Branchen und längst fast alle Betriebe unter einem ausufernden Fachkräftemangel –Tendenz steigend! Immerhin gehen in den nächsten Jahren Millionen Babyboomer in Rente.

Je nach Blickwinkel wirkt es da entweder paradox oder unverschämt, wie wenig Betriebe in Deutschland ausbilden. 80% der Unternehmen tun das im Moment nicht, weiß der DGB. Sie verschlimmern damit nicht nur den Fachkräftemangel, nein, erschweren völlig grundlos damit auch jungen Leuten den Start ins Berufsleben!

Plan der Bundesregierung für die Stärkung der Berufsausbildung

Da muss die Politik ran. Und das will sie auch: Im Koalitionsvertrag haben sich SPD, Gründe und FDP auf eine Ausbildungsplatzgarantie verständigt. Ein erstes Gesetz zur Stärkung der Berufsausbildung bringen sie gerade auf den Weg.

Ein Teil des Entwurfs ist die sogenannte Bildungszeit, über die REVOLTE bereits berichtet hat. Arbeitnehmer*innen sollen demnach bis zu ein Jahr mit dem Job pausieren können, um sich beruflich weiterzubilden. Alternativ können sie zwei Jahre lang in Teilzeit arbeiten und die Weiterbildung so über einen längeren Zeitraum strecken. Der Staat kommt in dieser Zeit für ihren Lebensunterhalt auf.

Doch dazu will die Bundesregierung eine Ausbildungsinitiative starten. Dazu ist eine Subventionierung der Praktikumsplätze geplant. So können junge Menschen, während sie Praktika machen, beispielsweise Wohn- und Wegekosten bezuschusst bekommen. Außerdem soll die Einstiegsqualifizierung eingeführt werden. Gemeint sind Praktika, zwischen vier und 12 Monaten, die auch in Teilzeit absolviert werden können, und der beruflichen Orientierung, beispielsweise nach einem Studien-Abbruch, dienen.

Dann soll ein Mobilitätszuschuss junge Menschen ab Ende 2023 beim Umzug in eine andere Region für eine Ausbildung unterstützen, wenn sie keine andere geeignete Ausbildung finden.

Außerbetriebliche Ausbildungsplätze sollen ab Juli 2024 in Regionen mit einem schwachen Ausbildungsmarkt für junge Menschen geöffnet werden, die trotz krasser Bemühungen keinen Ausbildungsbetrieb finden konnten.

Nachsitzen für die Ampel!

Klar, gerade die Weiterbildungszeit wäre ein richtig großer Wurf! Aber eben vor allem für Arbeitnehmer*innen, die bereits im Berufsleben sind. Und auch die Initiativen zur Stärkung der Ausbildung gehen alle in die richtige Richtung – aber eben nicht weit genug.

Junge Menschen verdienen einen individuellen Rechtsanspruch auf einen Ausbildungsplatz im Wunschberuf. Arbeitgeber*innen müssen in die Pflicht genommen werden, Ausbildungsplätze auszuschreiben und auch zu besetzen. Wer das nicht tut, sollte beispielsweise über eine Ausbildungsumlage Plätze in anderen Unternehmen mitfinanzieren.

Außerdem brauchen wir Jugendberufsagenturen und zwar flächendeckend! Sie würden jungen Menschen bei der Entscheidung für den richtigen Ausbildungsplatz helfen und darauf achten, dass alle ihre Rechte kennen und niemand durchs Raster fällt.

Und: Ausbildung muss insgesamt attraktiver werden. Das beginnt bei Azubi-Tickets für Bus und Bahn, reicht über Azubi-Wohnheime bis hin zu besseren Weiterbildungsmöglichkeiten, zum Beispiel dadurch, dass ein Meister*innen-Abschluss kostenfrei wird.

Bremsklötze abräumen

All das fehlt im ersten Ampel-Entwurf. Obwohl im Koalitionsvertrag eigentlich eine echte Garantie versprochen wird.

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Und doch geht selbst dieser Entwurf der FDP schon zu weit. Finanzminister Christian Linder hat ihn gestoppt und damit verhindert, dass die Bundesregierung ihn zur Beratung in den Bundestag bringen kann.

Sein Argument, mal wieder: Kostengründe!

Doch das Thema Ausbildung zu verschlafen und damit den Fachkräftemangel zu befördern,  wird uns alle viel, viel teurer zu stehen kommen…


Geschrieben von: Technik Team

Technik Team