In der Nacht auf Samstag greifen hunderte vermummte Rechtsradikale in der zyprischen Hafenstadt Limassol Migrant*innen an. Die Polizei bleibt größtenteils tatenlos. Gewinner sind die Ultrarechten.
“Migranten raus aus Zypern”
In der zyprischen Hafenstadt Limassol griffen am Freitagabend etwa 350 schwarz-vermummte Menschen Migrant*innen und ihre Geschäfte an. Die Angreifer, bei denen es sich aller Anschein nach um Rechtsradikale handelte, hetzten mit Rufen wie “Migranten raus aus Zypern” und “Zypern ist griechisch”. Zyprische Medien sprechen von “pogromartigen Zuständen”. Eine ähnliche Situation ereignete sich in einer zyprischen Kleinstadt am letzten Wochenende, als Rechtsextreme Migrant*innen angriffen.
Unfassbare Gewalt
Die Rechtsradikalen in Limassol warfen Schaufensterscheiben ein, setzten Müllcontainer in Brand, warfen Molotow-Cocktails und zerstörten Autos. Sie verprügelten einen sitzenden Mann am Strand, nachdem sie drohten, ihn ins Wasser zu werfen, das Geschäft einer asiatischen Frau verwüsteten sie und leerten ihre Kasse. Unter den Inselbewohner*innen gab es aber auch einige, die den Angegriffenen halfen und sie in Sicherheit brachten.
Die Polizei jedoch wusste nach Aussagen von Zeug*innen nicht mit der Situation umzugehen und blieb größtenteils tatenlos. Gezählt werden bisher mindestens 5 Verletzte, 13 Festnahmen in der Nacht und 7 weitere am darauffolgenden Samstag.
“Abstoßende inhumane Zustände” – Wie in Moria
Der Inselstaat gehört zu den Grenzstaaten der EU am Mittelmeer und nimmt unter den Mitgliedsstaaten im Verhältnis zur Einwohner*innenzahl die meisten Geflüchteten auf. Dabei sind sie dafür nicht ausreichend ausgestattet: In Pournara, einem der übervollen Lager auf der Insel, herrschen Zustände, die an das ehemalige griechische Geflüchtetenlager Moria erinnern. Betreuer*innen sind überlastet und auf der Insel bilden sich Ghettos, in denen Menschen in Armut leben. Ein zyprischer Migrationsforscher spricht von “abstoßenden inhumanen Zuständen”.
Den Anwohner*innen ist die Situation ein Dorn im Auge. Davon profitieren konservative Politiker*innen im Land. Der neu gewählte konservative Präsident Christodoulidis warb im Wahlkampf damit, Asylverfahren und Abschiebungen zu beschleunigen und eigens dafür ein Migrationsministerium einzuführen. Damit ist er mit der derzeitigen europäischen Abschottungspolitik auf einer Linie.
Und jetzt?
Der Präsident berief Minister*innen, Polizei und Feuerwehr zu einer Krisensitzung ein. Er schäme sich für das, was am Freitagabend passiert. Auch alle weiteren Parteien des zyprischen Parlaments verurteilen die Ausschreitungen und auch hunderte Inselbewohner*innen gingen am Sonntag innerhalb einer Demo gegen Rassismus auf die Straße. In weiten Teilen der Bevölkerung scheint die Gewalt also auf Ablehnung zu treffen.
Solange die EU aber weiter auf Abschiebung setzt – und darauf Geflüchtete in Grenzregionen der EU festzuhalten – anstatt Möglichkeiten zu schaffen, sie menschenwürdig zu beherbergen, in der EU zu verteilen und zu integrieren, werden Ultrarechte die Wut in der Bevölkerung weiter für sich zu nutzen wissen. Ausschreitungen wie diese werden dann keine Seltenheit sein.