Der Zehn-Punkte-Plan zur Migration von den Grünen macht rechte Hetze noch gesellschaftsfähiger

Der 5-Punkte-Plan der CDU beschreibt fünf Punkte “für sichere Grenzen und das Ende der illegalen Migration”. Er ist am 25.01.25 mit knapper Mehrheit im Bundestag beschlossen worden. Historisch war das Zustandekommen, weil die CDU die Stimmen der AfD billigend in Kauf genommen hat. Nun haben die Grünen mit einem 10-Punkte-Plan geantwortet, der sowohl innere Sicherheit als auch eine menschlich bleibende Asylpolitik verspricht und dabei inhaltlich nur wenig Abstand zum Vorschlag der CDU hält. Ein Kommentar

Bei all dem (berechtigten) Ärger um Merz darf nicht vergessen werden, dass auch SPD und Grüne einen Anteil am Erstarken der AfD haben. Ihr gegenseitiges Überbieten an Vorschlägen einer verschärften Asylpolitik spielt der AfD in die Karten. Es werden Positionen gefestigt, die die rechte öffentliche Debatte bestätigen, anstatt eine klare Abgrenzung nach rechts zu zeigen. Wer Brandmauer sagt, sollte dazu nicht schweigen.

Nun haben die Grünen als Reaktion auf den Fünf-Punkte-Plan der CDU mit einem Zehn-Punkte-Plan zur Migration gekontert, der sich bedauerlicherweise nicht mit rassistischen Klischees zurückhält.

Ein wichtiger Punkt des Plans ist, dass Asylsuchende bei der Erstuntersuchung auf psychische Erkrankungen oder Risikofaktoren untersucht werden, um ihnen bei Bedarf psychologische Unterstützung anzubieten. 

Klingt in der Theorie sehr positiv, Habeck hat jedoch sehr deutlich gemacht, dass es ihm vor allem darum geht, Taten wie in Aschaffenburg künftig zu verhindern. Auch das ist an sich nicht verwerflich. Verwerflich ist es jedoch, psychologische Unterstützung nur zu gewähren, um weiße Menschen zu schützen. Es muss auch berücksichtigt werden, dass die Bundesregierung im Haushalt bereits die Finanzierung psychosozialer Zentren für Geflüchtete gekürzt hat. Ethisch wäre es, geflüchteten Menschen unabhängig von der Vorbeugung möglicher Gewalttaten Therapie zu ermöglichen. So zeigt die Grüne damit nur, dass die physische Unversehrtheit weißer Menschen wichtiger ist als die psychische Versorgung von Asylsuchenden und dass diese nur eine Rolle spielen, wenn es um den Schutz von Weißen geht.

Zwei weitere Punkte sind zum einen die Forderung nach einer konsequenten Abschiebung von Schwerkriminellen und die sogenannte Sicherung der EU-Außengrenzen vor irregulärer Migration. Eine konsequente Abschiebung in Länder wie Afghanistan oder Iran würde faktisch bedeuten, Kriminelle abzuschieben, aber dabei gleichzeitig mit anderen Kriminellen gemeinsame Sache zu machen. Denn es würde sowohl die Zusammenarbeit mit den Taliban und dem autoritären Regime in Iran erfordern als auch das Akzeptieren möglicher brutaler Strafen vor Ort, die hier niemals gestattet würden. Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern werden durch Abschiebungen von Menschen dorthin legitimiert.

Die Sicherung der EU-Außengrenzen vor sogenannter “irregulärer Migration” wird seit Jahren gefordert, die Grünen und auch die SPD ziehen inzwischen mit. Während der Verfahren sollen Menschen, die offiziell eingereist sind und ein Recht auf einen Asylantrag haben, als “nicht eingereist” gelten. Das hebelt das Recht auf Asyl faktisch aus, kriminalisiert Flüchtende und würde zur legalen Inhaftierung Schutzsuchender führen. Zur Einordnung: Das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht und in Artikel 31 der Genfer Flüchtlingskonvention fest verankert. Die Einreise zum Zweck der Antragstellung auf Asyl ist somit legal. Die Kriminalisierung der Einreise, ebenso wie ein Verbot der Weiterreise, bedeutet eine Aushebelung des Geflüchteten-Schutzes und die Verletzung von Menschenrechten.

Ausländische Fach- und Arbeitskräfte sind dagegen willkommen. Für diese sollen legale Einwanderungsmöglichkeiten geschaffen werden. Was in der Theorie weniger schlimm klingt als die vorherigen Punkte, reiht sich in der Analyse darin nahtlos ein. Durch die Teilung von Einreisenden in mögliche Fachkräfte und Asylsuchende schafft die Politik eine Hierarchie zwischen nützlichen und nicht nützlichen Ausländer*innen. Asylsuchende sind dieser Logik zufolge nur so viel wert, wie sie für die weiße Verarbeitungsindustrie nützlich erscheinen.

Eine Brandmauer ist richtig und wichtiger denn je zuvor. Es muss jedoch auch Raum dafür geben, Inhalte von Parteien zu hinterfragen, die sich selbst nicht dem rechts-konservativen Spektrum zuordnen. Der Zehn-Punkte-Plan der Grünen ist nur ein weiterer Schritt dahin, die Inhalte von AfD und Union akzeptabel zu machen. Es fehlt Menschlichkeit und Abgrenzung nach rechts. Dabei wäre das dringend notwendig, um AfD und CDU/CSU zu zeigen, dass Menschenverachtung und rechte Hetze kein Bestandteil demokratischer Politik sind.


Geschrieben von: Jessica Dietz