Die italienische Regierung macht es Geflüchteten in Seenot jetzt noch schwerer, in Sicherheit zu gelangen. Mit einem neuen Dekret wird die Arbeit der zivilen Seenotrettung aktiv behindert.
Dass der Faschismus langsam aber sicher nach Italien zurückkehrt, das ist spätestens seit dem Zeitpunkt klar, an dem Giorgia Meloni Ministerpräsidentin wurde. Dass es so schnell gehen würde, überrascht eigentlich nicht, der neue „Verhaltenskodex für die zivile Seenotrettung“ ist trotzdem ein Schock.
Anleitung für unmenschliches Verhalten
Dieser sogenannte Verhaltenskodex ist eigentlich eine perfide Maßnahme, um die Seenotrettung weiter zu erschweren. Wohlgemerkt, es handelt sich hier um eine Aufgabe, die die Zivilgesellschaft übernehmen muss, weil sich neben der italienischen Regierung auch die komplette EU weigert, Geflüchtete aus dem Mittelmeer zu retten. Die neuen Regelungen umfassen beispielsweise die Vorgabe, dass nach jeder Rettung direkt ein Hafen angesteuert werden muss. Das bedeutet aber auch, dass jegliche Boote in Seenot, die auf dem Weg zum Hafen passiert werden, nicht gerettet werden dürfen. Das hört sich nicht nur völlig hirnrissig an, das ist ganz klar menschenrechtswidrig und widerspricht ebenso dem Kodex, dass alle Menschen in Seenot von einem Schiff gerettet werden müssen.
Weiterhin wird festgelegt, dass nicht der Hafen mit der geringsten Entfernung angefahren wird, sondern der, der von Italien zugewiesen wird. Oft sind diese Häfen im Norden Italiens. Der Grund sei angeblich, südliche Häfen zu entlasten, man muss sich aber mal bildlich ausmalen, was das eigentlich bedeutet: Personen, die gerade aus Seenot gerettet wurden, kommen auf ein Schiff der zivilen Seenotrettung. Sie sind mit hoher Wahrscheinlichkeit unterkühlt, traumatisiert und leiden unter anderen gesundheitlichen Problemen. Nun müssen sie noch mehrere Tage auf einem Schiff ausharren, auf engstem Raum, mit nur prekärer medizinischer und psychologischer Versorgung. Das kann Italien nicht ernst meinen.
Zu Faul Zum Arbeiten
Außerdem versucht die italienische Regierung mal eben eine Aufgabe zu delegieren, für die sie eigentlich selbst zuständig ist: die Aufnahme von Daten der Geflüchteten und die Registrierung der Asylgesuche. Es ist eine bodenlose Frechheit, einem Menschen , der eben aus Lebensgefahr gerettet wurde, nicht an Land ist, sondern sich immer noch auf dem Meer befindet, welches ihn eben fast verschluckt hätte, eine solche Befragung zuzumuten. Es ist auch mit der Dublin-III-Verordnung nicht zu vereinbaren, die gesetzlich regelt: die EU-Mitgliedsstaaten sind für die Aufnahme der Daten und der Einleitung des Asylverfahrens verantwortlich. Hier will die Regierung es Schutzsuchenden noch schwerer machen und Seenotretter*innen davon abschrecken, ihre Arbeit zu machen.
Union ohne Werte
Hier muss auch die EU in die Verantwortung genommen werden: Das neue Dekret widerspricht neben internationalem Seerecht auch dem EU-Seerecht und den Menschenrechten. Die Union ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihre Mitgliedsstaaten geltendes Recht einhalten. Und sie kann sich hier nicht aus der Verantwortung ziehen, denn sie ist ebenso verantwortlich für jede Person, die diese gefährliche Überfahrt auf sich nehmen muss. Dadurch, dass sie sichere Fluchtrouten dicht macht, Geflüchtete an den Grenzen abschießt und sie somit zwingt, ihr Leben auf dem Meer zu riskieren.