Wie das neue Gesetz zum Chancenaufenthalt Geflüchtete in die Falle lockt.
Hinterlistigkeit ist besonders eklig, wenn man sie als gute Taten tarnt und sich selbst als Retter darstellt. Genau das hat die Ampel mit dem neuen Chancenaufenthaltsrecht, welches zum 31.12.22 in Kraft getreten ist mit Bravour gemeistert. ”Für mehr Menschlichkeit” verspricht die Bundesregierung mit dem neuen Gesetz, diese Menschlichkeit ist aber an Bedingungen geknüpft – und das sind eine ganze Menge.
Was ist dieser Chancenaufenthalt?
Angeblich soll das Gesetz ein Ende der Kettenduldung bedeuten, also der Praxis, dass langjährig Geduldete ihren Aufenthaltstitel in kurzen Abständen immer wieder verlängern müssen, ihnen in dieser Zeit also kein sicherer Aufenthaltstitel gewährt wird. Die Angst vor einer möglichen Abschiebung begleitet die Menschen also immer noch tagtäglich. Das zu beenden hört sich nach einem logischen Schritt an, das neue Gesetz ist aber eindeutig keiner.
Grundsätzlich gilt, dass sich Menschen auf den Chancenaufenthalt bewerben können, wenn sie eine Duldung besitzen, sich seit mindestens 5 Jahren mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland befinden, sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen und nur in sehr geringem Maße jemals straffällig geworden sein sind. Der Chancenaufenthalt wird für 18 Monate erteilt, in denen die Bedingungen für ein Bleiberecht erfüllt werden müssen, unter anderem die Sicherung des Lebensunterhalts, Kenntnisse der deutschen Sprache und ein gesicherter Nachweis über die eigene Identität. In diesen 18 Monate kann keine Abschiebung erfolgen.
Warum das Gesetz menschenverachtend ist
So weit die Idee des Gesetzes, doch was genau daran ist das Problem? Zunächst einmal gilt der Chancenaufenthalt nur für sehr wenige Menschen. Nur wer am Stichtag den 31.10.2017 spätestens legal nach Deutschland eingereist ist, darf das Angebot in Anspruch zu nehmen.
Schon die Willkür bei der Festlegung des Stichtages ignoriert die Lebensrealität der Geduldeten und verfehlt ihr Ziel der “Menschlichkeit”. Warum verdient jemand, der 3 Jahre, 3 Wochen oder 3 Tage später eingereist ist nicht auch einen sicheren Aufenthaltstitel?
Darüber hinaus werden Geflüchtete wegen kleinster Straftaten ausgeschlossen, wir sprechen hier von 50 Tagessätzen, was wirklich wenig ist. Hier geht es nicht um Mord oder Gewaltdelikte, sondern kleinere Vergehen wie Diebstahl oder Schwarzfahren, das sind Straftaten die unmittelbar aus der prekären Situation resultieren, alles verloren zu haben und in Deutschland keinen sicheren Aufenthalt zu besitzen. Das sind Delikte, die sonst nicht einmal im Führungszeugnis stehen. Hinzu kommen Straftaten, welche nur Ausländer begehen können, beispielsweise eine irreguläre Einreise oder Aufenthalt ohne Aufenthaltserlaubnis. Wer falsche Angaben zur Identität gemacht hat, um eine Abschiebung zu verhindern, wird automatisch vom Chancenaufenthalt ausgeschlossen. Hier wird nicht einmal in Betracht gezogen, dass Menschen aus Angst vor Abschiebung Informationen verschweigen, weil ihr Leben und ihre Existenz daran hängen.
Aber was passiert eigentlich, wenn Geduldete es in den 18 Monaten nicht schaffen, die Bedingungen zu erfüllen? Tja, Chance vertan, sagt die Bundesregierung. Die Folge: Diese Menschen sind umso mehr von Abschiebungen bedroht, schließlich haben die Ausländerbehörden nun alle nötigen Daten und Identitätsnachweise um Menschen noch effektiver abzuschieben. Warum macht man Menschen Hoffnung auf eine Zukunft und stellt sich selbst als Vertreter einer menschlichen Politik dar, wenn man hintenrum dann genau diese Personen in die Falle lockt?
Von Verbesserung keine Spur
Nach all diesen Einschränkungen ist klar, dass das Gesetz nicht besonders viele Menschen betreffen wird, selbst die Regierungskoalition rechnet mit grade mal 34.000 von 240.000 Geduldeten, die die Anforderungen erfüllen. Somit muss die Regierung also gar keine Angst haben, dass wirklich eine signifikante Anzahl von Menschen ihre Situation verbessern und einen sicheren Aufenthaltstitel erlangen kann. Familien und Kinder unter 14 Jahre sind sowieso pauschal ausgeschlossen. Einmal mehr wird klar, dass diese scheinheilige Aufnahmebereitschaft nur aus wirtschaftlichem Nutzen resultiert: Bundesinnenministerin Nancy Faeser will “Chancen für gut integrierte Menschen”, übersetzt bedeutet das: “Menschen, die etwas leisten und tun, was wir wollen”. Teilhabe und Aufenthalt dürfen nicht von Leistung abhängig gemacht werden. Kein Mensch ist illegal, auch wenn er oder sie keinen Pass hat.