Rechtsruck bei der CDU: Staatsbürgerschaft bald kein Grundrecht mehr?

Rechstruck bei der CDU: Staatsbürgerschaft bald kein Grundrecht mehr?

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Friedrich Merz fordert in einem Interview mit der WELT AM SONNTAG, dass straffällige Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren sollen. Er behauptet auch, dass die doppelte Staatsangehörigkeit zum Regelfall werde und neue Probleme schaffe. Warum das eine gefährliche Fehlannahme ist.

Was sagt das Gesetz?

So einfach, wie Friedrich Merz es sich vorstellt, ist es nicht. Artikel 16 Absatz 1 GG stellt klar: “Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden, wenn der Betroffene dadurch staatenlos wird.” Somit schützt das Grundgesetz vor Staatenlosigkeit. Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen ist ein Entzug möglich und betrifft nur Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit. Laut §28 des Staatsangehörigkeitsgesetzes kann die Staatsbürgerschaft entzogen werden, wenn jemand freiwillig für eine Terrormiliz wie z.B. den IS kämpft. Wer freiwillig in den Militärdienst einer ausländischen Armee tritt, die kein EU-NATO-Mitgliedstaat ist, verliert diese ebenfalls. Dies ist somit streng geregelt.

Das Gesetz erleichtert sogar die doppelte Staatsbürgerschaft. Deutschland soll damit attraktiver für Fachkräfte werden.

Ist die Merz-Forderung umsetzbar?

Nein, völkerrechtlich ist ein Entzug der Staatsbürgerschaft hochproblematisch. Deutschland ist an internationale Abkommen gebunden, die Staatenlosigkeit verhindern sollen. Zusätzlich gilt das Grundprinzip des Rechtsstaates. Das bedeutet, dass Gerichte über Strafen entscheiden und nicht die politische Regierung. Eine Aberkennung der Staatsbürgerschaft als strafrechtliche Maßnahme widerspricht diesem Grundsatz.

Ein Blick in die Geschichte zeigt mahnend: In der NS-Zeit wurden jüdischen und aktiven Kritiker*innen der Politik, z.B. der Philosophin Hannah Arendt, die Staatsbürgerschaft entzogen. Das Ausmaß dieses Vorgehens war verheerend und darf sich nicht wiederholen.

Nichts als Panikmache 

Eine Veränderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes, die einen Entzug der Staatsbürgerschaft erlaubt, würde für viele Menschen mit Migrationshintergrund große Unsicherheiten bringen. Wer entscheidet denn, wann ein Entzug gerechtfertigt ist? Und wie wird das begründet? Die Staatsbürgerschaft ist ein Grundrecht und kein Mittel der Bestrafung! Zudem ist die doppelte Staatsbürgerschaft längst Realität und stellt kein Sicherheitsrisiko dar. Die Forderungen von Merz widersprechen dem Grundgesetz und benutzen Migrationspolitik, um Ängste in unserer Gesellschaft zu schüren.


Geschrieben von: Julia M

Julia M