Wie die CDU versucht, gesellschaftliches Engagement zu schwächen

Bildquelle: CDU/ Tim Hoffmann

Die CDU/CSU stellt mit einer parlamentarischen Anfrage unzählige kritische NGOs unter Generalverdacht. Unter dem Vorwand der politischen Neutralität hinterfragt sie deren Finanzierung – doch eigentlich geht es der Partei darum, sie in Ungnade zu bringen.

Es begann mit einer sogenannten “kleinen Anfrage” der CDU/CSU im Bundestag. Sie wollten wissen, ob NGOs, also Nichtregierungsorganisationen, die unter anderem zu Demonstrationen gegen Rechts aufgerufen hatten, staatliche Gelder erhalten – und ob sie damit möglicherweise gegen das Gebot der politischen Neutralität verstoßen. Doch hinter der Anfrage steckt ein anderes Ziel: Organisationen für ihr Engagement zu bestrafen und sie in ein schlechtes Licht zu rücken. Denn die Partei unterstellt, dass staatlich finanzierte NGOs Steuergelder nutzen, um gezielt Politik gegen sie zu betreiben. In ihrer (nicht so kleinen) Anfrage stellen sie der Bundesregierung insgesamt 551 Fragen zur Finanzierung und politischen Ausrichtung dieser Organisationen.

Gezielte Angriffe auf kritische NGOs

Betroffen sind unter anderem Correctiv, das vor einem Jahr mit seiner Recherche über ein rechtsextremes Geheimtreffen für Schlagzeilen sorgte, die Klimaschutzorganisation Greenpeace, Netzwerk Recherche, das sich für Pressefreiheit einsetzt und die Tierschutzorganisation Animal Rights Watch. Diese NGOs haben eines gemeinsam: Sie vertreten fortschrittliche Positionen und kritisieren die Politik der CDU/CSU.

Die Auswahl der Organisationen wirkt dabei willkürlich – viele von ihnen wurden aber zuvor schon vom rechten Medienportal NiUS und den Zeitungen BILD und WELT attackiert. Besonders alarmierend ist, dass die Union ihre Vorwürfe auf einen Artikel in der WELT stützt, der rechte Verschwörungsmythen verbreitet und NGOs als eine Art Parallelstaat darstellt – und sich damit als Quelle selbst unglaubwürdig macht.

Doch NGOs spielen eine zentrale Rolle in unserer Gesellschaft: Sie setzen sich für Demokratie, Menschenrechte und sozialen Zusammenhalt ein – Werte, die eine demokratische Partei eigentlich schützen sollte. Stattdessen machen die CDU/CSU diese Organisationen nun zum Feindbild der Demokratie. 

Die Linke zeigte sich empört über die Anfrage und bezeichnete sie als “Frontalangriff” auf die Demokratie. “Mit einer parlamentarischen Anfrage rächt sich die Union für die antifaschistischen Proteste der letzten Wochen und startet zugleich einen beispiellosen Angriff auf die demokratische Zivilgesellschaft”, äußert sich die Bundestagsabgeordnete Clara Bünger dazu. Auch Lars Klingbeil, Parteivorsitzender der SPD, kritisierte die Anfrage scharf. 

Viele dieser Organisationen werden wohl zunehmend auf Spenden und andere private Gelder angewiesen sein. In Berlin sehen wir bereits eine besorgniserregende Entwicklung: Radikale Kürzungen im Kultur- und Bildungsbereich treffen gezielt regierungskritische Stimmen. Besonders betroffen sind Institutionen, die sich gegen den Völkermörd an Palästinenser*innen positionieren, sowie queere und migrantische Organisationen, die für viele Menschen essenzielle Anlaufstellen sind. Aber wer sich für Menschenrechte, gegen Faschismus und für Gerechtigkeit einsetzt, wird sich nicht einschüchtern lassen – und erst recht nicht zum Schweigen bringen lassen. 

Angriff auf NGOs – eine bekannte Strategie autoritärer Regierungen

Wenn Regierungen NGOs unter Generalverdacht stellen, ist das oft der erste Schritt, um kritische Stimmen mundtot zu machen. Das sieht man in vielen Ländern, in denen rechte oder autoritäre Kräfte an der Macht sind. In Ungarn beispielsweise hat der Regierungschef Viktor Orbán 2017 ein Gesetz eingeführt, das NGOs mit ausländischer Finanzierung als  “fremdgesteuert” einstufte. Viele Organisationen mussten daraufhin schließen oder ihre Arbeit stark einschränken. In Russland gibt es seit 2012 ein ähnliches Gesetz. Dort wurden NGOs, die Geld aus dem Ausland erhielten, als “ausländische Agenten” registriert. Das erschwerte ihre Arbeit und führte zum Verbot vieler. Auch in der Türkei nutzte Erdoğan den Putschversuch von 2016 als Vorwand, um NGOs zu schließen, die sich für Menschenrechte oder Pressefreiheit einsetzten. Diese Strategie folgt immer demselben Muster: Regierungen stellen kritische Organisationen als Feinde dar, um sie zu schwächen. Solche Angriffe ziehen dann immer den Abbau von Demokratie und Meinungsfreiheit mit sich. 

Die vermeintlich kleine Anfrage der CDU/CSU sorgt für Unbehagen: Werden unsere Grundrechte künftig von allen Parteien, die im Bundestag vertreten sein werden, gleichermaßen respektiert? 

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Geschrieben von: Claire Hattab