“Hitler war Kommunist”: Alice Weidel und Elon Musk schreiben auf X die Geschichte neu

Das Bild zeigt ein graues X, das Logo von dem sozialem Netzwerk von Elon Musk, vor einem schwarzen Hintergrund. Der Text lautet: "Hitler war Kommunist" – Alice Weidel und Elon Musk schreiben auf X die Geschichte um

Foto von BoliviaInteligente auf Unsplash

Nach Elon Musks Wahlaufruf für die AfD in der “Welt am Sonntag” hat er Alice Weidel zu einem Gespräch auf X eingeladen. Zwischen absurden Fake News wird auch die Geschichte umgeschrieben.

Der Moment ist gekommen, den die EU versucht hatte zu verhindern: Elon Musk hat auf seinem sozialen Netzwerk “X” 75 Minuten mit Alice Weidel, der Kanzlerkandidatin der AfD, gesprochen. Knapp 200.000 Menschen hörten ihrem Empfang beim Tech-Titan Musk zu, in einem sogenannten “Space” mit dem Titel “Conversation with the leading candidate to run Germany” (Übersetzung: Gespräch mit der führenden Kanzlerkandidatin), die an gefährlichen Falschinformationen und Selbstgefälligkeit kaum zu überbieten war. Und als wichtigster Wahlkampfszug der AfD gelten kann.

Verschwörungstheorien-Bingo

Begleitet von viel schrillem Lachen beider Seiten hat Alice Weidel vor allem versucht, mit gemeinsamen Themen zu punkten. Schwurbel-Argumente über mRNA-Impfstoff, Maskendiktatur, kriminelle Geflüchtete, verpflichtende “Gender-Studies” in der Schule und sowieso Bill Gates als größter Einfluss in der deutschen Politik anstatt Elon Musk. Musks Tweet “Only the AfD can save Germany” (Übersetzung: Nur die AfD kann Deutschland retten) und sein darauf folgender Artikel in der Welt haben die deutsche Politik- und Medienlandschaft tief gespalten.

Verschwörungstheorien über den Nationalsozialismus galten bisher eher als Thema anderer AfDler, vor allem Björn Höcke. Am Donnerstag stand Alice Weidel ihm auf X jedoch in nichts nach.

Zum Nationalsozialismus kamen Musk und Weidel ausgerechnet über das Thema Meinungsfreiheit: “Es muss in einer Demokratie Meinungsfreiheit geben, damit man eine fundierte Wahlentscheidung treffen kann. Man kann schnell erkennen, wer die Bösen sind: diejenigen, die Meinungsfreiheit einschränken möchten”, behauptete Musk. Klingt eigentlich eindeutig, gemeint ist aber nicht seine Verleumdung von Journalist*innen und frei recherchierenden Medien, sondern Adolf Hitler. Ohne dessen Kontrolle der Medien wäre dieser nie so erfolgreich gewesen, so Musk. 

Weidel über Adolf Hitler: “ein Kommunist, der sich selbst als Sozialist bezeichnet hat”

In “den Medien” wird die AfD ja oft als rechtsextrem bezeichnet. Was hätte Alice diesen Stimmen zu entgegnen? Die Wirtschaftsexpertin erklärt: Wie es schon im Wort drin stecke, seien die Nationalsozialisten Sozialisten gewesen, weil sie die gesamte Industrie in den Besitz des Staates überführt hatten I. Der größte Erfolg nach dem Krieg sei es gewesen, Hitler als rechts und konservativ einzuordnen, wo er doch eigentlich Kommunist war – und die AfD das komplette Gegenteil, als eine angeblich “konservativ-libertäre” Partei. In den Berichten über das Gespräch wird an keiner Stelle erwähnt, dass dies Alice Weidels Antwort auf die Frage war, warum die AfD nicht als rechtsextrem gelten kann. Daraus schlussfolgernd würde sie damit die AfD rechts der Nationalsozialisten einordnen.Wieviele der 200.000 Zuhörer*innen auf X haben wohl dieser perfiden Geschichtsneuschreibung zugestimmt?

Tatsächlich waren Kommunisten die erste Gruppe, die schon vor Hitlers Machtübernahme durch die Sturmabteilung (SA) verfolgt worden ist. Durch die Verstaatlichung der Industrie wurde Deutschland kriegstüchtig gemacht. Die Volksgemeinschaft als Idee des klar nationalsozialistischen Gedankenguts ist grundlegender Bestandteil der Partei. In den ersten Seiten des AfD-Wahlprogramms steht, die Partei sehe an der Spitze des deutschen Staates, ähnlich wie Donald Trump in Amerika den “deep state”, eine Elite von Berufspolitiker*innen. Diesen unrechtmäßigen Zustand könne nur das “Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland” beenden.

Das neue Medienzeitalter der totalen Desinformation

Wenn Elon Musk von Meinungsfreiheit spricht, dann meint er die Freiheit, die Welt nach seinen Interessen zu ordnen. Diese Entwicklung von künftig komplett unmoderierten Hasskommentaren und Desinformation ist auch beim Konzern Meta zu beobachten. Kurz vor der zweiten Amtszeit Donald Trumps hat dessen Geschäftsführer  bekannt gegeben, die Faktencheck-Dienste auf seinen Plattformen Instagram, Facebook und Threads einzustellen und damit ausdrücklich das Verbreiten von sexistischer und queerfeindlicher Hassrede erlaubt. Die EU hat das Gespräch von Weidel und Musk in ihre Untersuchung über die Einhaltung des “Digital Services Act” (Gesetz über digitale Dienste) miteinbezogen, wo es auf Hassrede und Verbreitung von Fehlinformation zur Bundestagswahl untersucht wird. Laut der Nichtregierungsorganisation LobbyControl könnte das Gespräch aufgrund seiner wahrscheinlich hohen Reichweite eine illegale Parteispende von Dritten darstellen. Bis aber solche langwierigen juristischen Verfahren Ergebnisse vorlegen, liegt es an den Nutzer*innen sozialer Medien selbst, Desinformation und Propaganda zu korrigieren.


Geschrieben von: Jeanika Namislo

Jeanika Namislo