4 Jahre Hanau
Heute ist es vier Jahre her, dass neun junge Menschen von einem Rechtsextremisten in Hanau ermordet worden sind. Vier Jahre, in denen Überlebende, Angehörige und Freund*innen mit dem Schmerz, der Angst und der Wut leben müssen. Und auch vier Jahre, in denen die Angehörigen immer noch keine Erklärung dafür bekommen haben, wie so etwas passieren konnte.
Wenn so etwas Schreckliches passiert, dann würde man erwarten, dass Himmel und Erde in Bewegung gesetzt werden, um die Tat aufzuklären, oder? Fehlanzeige!
Erstmal passierte gar nichts und dann mussten die Angehörigen monatelang dafür kämpfen, dass überhaupt ein Untersuchungsausschuss eingerichtet wird, der die Nacht rekonstruieren soll. Es ist unfassbar, dass hier Betroffene eine Aufgabe übernehmen mussten, die eigentlich das Land Hessen hätte erfüllen müssen.
Ende 2023 kam nach 2 Jahren Untersuchungsausschuss endlich der Abschlussbericht – und der war für die Angehörigen ein Schlag ins Gesicht: nur die wenigsten Fragen der Familien werden überhaupt beantwortet, das Verhalten von Polizei und Behörden wird kaum problematisiert und am Ende bleiben fast mehr Fragen als davor.
Insbesondere die Rolle der Polizei ist nicht hinreichend aufgeklärt worden:, Fakt ist, dass sie in der Tatnacht schlichtweg nicht erreichbar war, Notrufe gingen immer wieder ins Leere. Im Untersuchungsbericht wurde festgehalten, dass das veraltete Notrufsystem bei zu starker Belastung kapitulierte, weiterhin war die Polizei in Hanau dauerhaft unterbesetzt. Doch was folgt aus diesen Erkenntnissen? Anscheinend nicht viel, denn alle Verantwortlichen von damals sind entweder befördert worden oder arbeiten immer noch in ihrem Job.
Auch der verschlossene Notausgang in der “Arena Bar” war erneut Thema: die Polizei hatte immer wieder den Notausgang verschließen lassen, um bei Razzien Menschen den Fluchtweg abzuschneiden. Die Verantwortung für den verschlossenen Notausgang schiebt die Polizei jetzt auf den Besitzer der Bar ab, schließlich sei er doch verantwortlich für die Fluchtwege. Zeugen, die das bestätigen, wurden als “unglaubwürdig” abgestempelt.
Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses bietet kaum Antworten auf die 10 Fragen der Angehörigen, die diesen Text in Abschnitte eingeteilt haben. Es sind nur 10 Fragen, auf die sich die Angehörigen und Überlebenden festgelegt haben, nur 10 Fragen, von denen keine einzige beantwortet wurde, bei der niemand die Verantwortung übernommen hat. Deswegen hat die “Initiative 19. Februar” jetzt die Website “Kein Abschlussbericht” ins Leben gerufen. Denn solange es keine Antworten gibt, gibt es auch keinen Abschluss.
Kein Vergeben, Kein Vergessen.
Wir gedenken Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz und Said Nesar Hashemi.
Wir gedenken Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović und Vili Viorel Păun.
Wir gedenken Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov.
Erinnern heißt Kämpfen.