Grüne und SPDler kritisieren Abschottungspläne des Kanzlers: “Das wäre der Bruch mit dem Koalitionsvertrag”

Abschottungspläne im Streit um Asylhilfen finazierung

In den Tagen vor dem Bund-Länder-Flüchtlingsgipfel kocht die Stimmung auf allen Seiten hoch. Am Mittwoch wollen sich die Ministerpräsident*innen mit Olaf Scholz im Kanzleramt treffen, um die Abschottungspläne des Kanzleramts zur Lösung der misslichen Lage in der Geflüchtetenbetreuung in den Kommunen zu besprechen. Seit 2015/2016 ist es üblich, dass der Bund die Kommunen finanziell dabei unterstützt, geflüchtete Menschen unterzubringen und zu integrieren. Eine von vielen sozialen Ausgaben, die Finanzminister Lindner am liebsten der schwarzen Null opfern würde.

Extreme Mehrbedarfe: Kommunen brauchen Geld für Geflüchtete

In einem Bittschreiben legen die Bürgermeister*innen und Landräte ganz Deutschlands ihre Not dar: 244.000 Asylanträge (Erst- und Folgeanträge) wurden 2022 gestellt. Und da sind die Ukrainer*innen noch gar nicht mitgezählt: Die Zahl der Asylanträge war 2022 bereits mehr als 20 % höher als 2014 – und ist in den ersten drei Monaten 2023 nochmals um 80 % gestiegen. Eine rasante Dynamik. Kein Wunder, dass es den Zuständigen in den Kommunen zusehends schwer fällt, noch mehr Betten in Turnhallen zu stellen oder etwa genug Integrationskurse zu organisieren.

Kanzler bleibt kalt: Abschottung statt Mehrinvestition

Obwohl das Leid der Geflüchteten in überfüllten Auffanglagern groß ist und obwohl Deutschland langsam beginnt zu begreifen, dass es die Zugewanderten braucht, um eine überalterte Bevölkerung zu revitalisieren, setzt Scholz sich die Schauklappen auf und macht dicht: 

Es kursiert eine Beschlussvorlage aus dem Kanzleramt, dass die Ausweitung “grenzpolizeilicher Maßnahmen” vorsieht. Bisher existiert lediglich ein Kontrollregime an der Grenze zu Österreich, dies gedenkt man nun unter Umständen auf andere Teile der Außengrenze Deutschlands auszuweiten. Innereuropäische Grenzkontrollen stehen im starken Kontrast zum freiheitlichen Europa und markieren so schmerzhaft das Versagen aller Europäer*innen eine solidarische Migrationspolitik zu schaffen.

Alle gegen Scholz: Die Kritik gegen seine Abschottungspläne

Nach Plan müsste Scholz seine Knauser-Haltung am Mittwoch alleine gegen 16 Ministerpräsident*innen durchboxen. Doch er scheint bereits die interne Vorrunde verloren zu haben. Die Koalition steht nicht hinter dem Kanzler. Sowohl im Bericht aus Berlin als auch gegenüber den Stuttgarter Nachrichten schlug sich die Grünen-Chefin Ricarda Lang auf Seite der Kommunen: „Ich fände es falsch, wenn jetzt Bund und Länder gegenseitig aufeinander zeigen und jeweils betonen, was sie schon alles gemacht haben“, sagte Lang. Es gebe ein gemeinsames Interesse, dass vor Ort gute Lösungen entstehen. „Wenn dafür Unterstützung nötig ist, muss der Bund helfen, auch finanziell“, betonte sie.

Die Juso-Chefin Jessica Rosenthal geht in ihrer Kritik noch weiter: “Haftlager an den EU-Außengrenzen und schnellere Abschiebungen, das ist einer sozialdemokratisch geführten Bundesregierung unwürdig […] Ein Abschottungskurs in Europa ist weder mit dem europäischen Gedanken noch den Werten der SPD zu vereinbaren. Wir weisen die Idee, Abschiebelager an der europäischen Außengrenze zu verankern, aufs Schärfste zurück. Es wäre nicht nur ein Bruch mit dem Koalitionsvertrag, sondern macht faire Verfahren unmöglich und nimmt humanitäre Krisen vor Ort in Kauf.” Gemeinsam werfen Rosenthal und Timon Dzienus (Vorsitzender der Grünen Jugend) dem Kanzler den offenen Bruch mit dem Koalitionsvertrag vor:


Geschrieben von: Isabelle Emig

Isabelle Emig

Isabelle ist Teil der REVOLTE und kümmert sich eigentlich um Orga und verschiedenes hinter den Kulissen. Manchmal schreibt sie auch. Beschwerden über das Geschriebene bitte über Twitter einreichen @isa_emig.