DIE WERTEUNION – KONSERVATIVE AUF RECHTEN ABWEGEN

Die WerteUnion, der CDU-nahe rechtskonservative Verein unter der Führung des Rechtsextremisten Hans-Georg Maaßen, will jetzt pünktlich zu den anstehenden Landtagswahlen eine Partei werden. Hinter sich versammelt er Menschen, die schon lange von einer Kooperation mit der AfD träumen.

Erst CDU – jetzt rechtsextrem?

Zum zweiten Mal im ersten Monat des Jahres wird die politische Bühne von Turbulenzen erschüttert: die WerteUnion soll eine Partei werden! Dazu entschloss sich die Mitgliederversammlung des bisher CDU-nahen Vereins rund um Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen jüngst in Erfurt. Die nach eigenen Angaben konservativ-liberale Partei begibt sich nicht zufällig auf rechte Abwege jenseits von CDU und CSU. Als nationalkonservative Abspaltung der Union ist sie seit sieben Jahren Auffangbecken für CDU-Mitglieder, denen das Partei-Establishment unter Merkels Migrationspolitik zu “links” geworden ist. Doch wer sind die Personen hinter der konservativen Kehrtwende? Und was hat die Union mit der Gründung der Anti-Establishment-Partei zu tun?

Nachdem die CDU viele Jahre überhaupt keine Abgrenzungsversuche zu ihrem „konservativen Markenkern“ vorgenommen hat, läuft seit rund einem Jahr ein Parteiausschlussverfahren gegen ihren Vorsitzenden, Hans Georg Maaßen – wegen antisemitischer und verschwörungstheoretischer Äußerungen “bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen”. Dieser beteuert zwar, die WerteUnion distanziere sich “klar, eindeutig und in aller Form von ALLEN politisch-extremistischen Bestrebungen verfassungswidrigen oder verfassungsfeindlichen Charakters”. Maaßen gab AfD-Politiker*innen in seiner Zeit als Präsident des Bundesverfassungsschutzes jedoch bereitwillig Tipps zur Umgehung einer Beobachtung und leugnete die Hetzjagden auf Migrant*innen in Chemnitz. Das ist altbekannt und als zukünftiges WerteUnion-Parteimitglied steht Maaßen der Parteiausschluss ohnehin kurz bevor. Mittlerweile wird er sogar selbst als Rechtsextremist eingestuft und vom Verfassungsschutz beobachtet! Aber: Unter den einigen hundert Männern und wenigen Frauen, die in Erfurt zusammenkamen, treiben sich noch mehr Demokratiefeinde unter dem Deckmantel, Hüter traditioneller Werte zu sein, herum.

Wer sind die Menschen in der WerteUnion?

Da ist zum einen ein Mann an Maaßens Seite, der neuen Recherchen nach enge Kontakte in die Reichsbürger-Szene rund um Heinrich XIII. Prinz Reuß haben soll: Markus Krall. Der gelernte Volksökonom wandte sich erst im letzten Jahr der WerteUnion zu, nachdem ein Terrorverfahren gegen die „Gruppe Reuß“ seiner steilen Karriere als Finanzminister in einer potentiellen Post-Putsch-Regierung ein jähes Ende bereitet hatte. Maaßen sagt über Krall, der äußerlich wie ein sympathischer Familienvater aussieht und zunächst kein Amt in der Partei anstrebt, dass dieser gerne mal “überspitze”. Eine übertriebene Beschönigung für seine radikal-libertären Positionen und Verschwörungstheorien. Voller Freude nehme er aber die wohl nicht geringe Anzahl an Unterstützern Kralls aus der Reichsbürger-Szene in die WerteUnion mit auf. Das gibt der Gründervater in einem Interview bekannt, obwohl Vize-Bundesvorsitzender Hans Pistner gleichzeitig ankündigt: “Wir wollen nicht überrannt werden, schon gar nicht von Extremisten”. Unter diesem Deckmantel fanden auch die ersten AfD-Mitgliederversammlungen statt. Bis 2012 war auch Krall im Übrigen CDU-Mitglied. Und dann sind da noch Simone Baum und Michaela Schneider, ebenfalls Unions-Mitglieder, die auf dem menschenverachtenden Geheimtreffen in Potsdam anwesend waren.

Die WerteUnion – ein Zeichen der Kooperation von CDU und AfD

So weit, so normal unter Neurechten. Einige Stimmen sprechen gerade mit Blick auf ihren Gründer einfach von einer weiteren Partei eines “gekränkten Machtmenschen”. Doch fällt dabei der fleißig geleistete Beitrag der CDU zu dieser nationalkonservativen Kehrtwende allzu schnell unter den Tisch! Dass gerade jetzt, pünktlich, um bei drei Landtagswahlen im Osten antreten zu können und gerade in Thüringen die Abspaltung von der Mutterpartei stattfindet, ist kein Zufall. Das Ausbleiben einer klaren Abgrenzung und die gleichzeitige Übernahme rassistischer und faschistischer Sprache ermöglichte es konservativen Akteur*innen über Jahre, innerhalb der Union eine Plattform zu finden. Spätestens in ihrem zweiten Jahr wurde aus der WerteUnion ein Lobbyverein für Überlegungen, eine Zusammenarbeit von CDU und AfD anzustreben! Denn die Abkehr von vermeintlich liberalen Strömungen innerhalb der Union seit Angela Merkels Kurs in der Migrationspolitik – obwohl gleichzeitig der Rechtsruck der Konservativen Merz, Linnemann und Co. offensichtlich wie lange nicht ist – weist nur allzu deutliche Parallelen zu den Anfängen der AfD auf. So stellen auch die Forderungen der WerteUnion nach mehr “Demokratie, Rechtsstaat und Volkssouveränität” nicht mehr als einen Vorwand dar, sich Abgrenzungsfantasien und Assimilationsgedanken sowie Vorstellungen einer rigiden Sozialpolitik, die sich ausschließlich gegen Schwächere richtet, hinzugeben. Dabei bedient man sich in extremer Form einer Täter-Opfer-Umkehr in der politischen Analyse, für die die Rechtsaußen-Figuren der Union als Vorbilder glänzen. Und, auch das dürfte sich bei Populisten abgeschaut worden sein, ansonsten glänzt das bisherige Programm durch eine erstaunliche Abwesenheit von Inhalten. Lieber nimmt man eine Haltung GEGEN die “neosozialistische” Politik der Regierung ein sowie die Kooperation mit Rechtsextremen, Identitären und anderen Verfassungsfeinden in Kauf und nennt alle Berichte über diese Entwicklungen eine bösartige Kampagne. 

Spinner oder Bedrohung der Demokratie?

Politikwissenschaftler*innen sind sich noch nicht einig, was die Erfolgschancen der WerteUnion angeht, insbesondere mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen im Osten. Erste Umfragen sprechen von bis zu 15 %. Rechtskonservative Ableger der AfD sind in der Vergangenheit schon reihenweise gescheitert und auch die Freien Wähler, ebenfalls auf dem Feld zwischen Konservativen und Rechtsaußen zu verordnen, haben derzeit keinen Zuwachs im Osten zu verzeichnen. Laut Forsa-Chef Manfred Güllner drohe allerdings eine “Zersplitterung des Parteiensystems und die Gefahr von erneuten Weimarer Verhältnissen in Deutschland”. Mindestens für die politische Mitte stellt die WerteUnion unweigerlich eine Bedrohung dar. Die politischen Figuren hinter der reaktionären Partei also einfach nur als gescheiterte Machtmenschen und Spinner abzutun, verharmlost ihren Einfluss auf Demokratie und Parteiensystem. Der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte hält eine Mehrheit von AfD und WerteUnion im Osten zwar für unwahrscheinlich, da die neu gegründete Partei die Wählerschaft ihres rechten Gegenstücks – genau wie das Bündnis Sahra Wagenknecht – wohl eher verkleinern würde. Dennoch besteht die Chance, Wählerstimmen im Osten von enttäuschten CDUler*innen abzugreifen, denen die AfD zu offensichtlich rechtsradikal ist und die dennoch ihre Unzufriedenheit über die Ampelregierung ausdrücken möchten. Oder eine zukünftige Zusammenarbeit auf welcher Ebene auch immer.

Die Parteien müssen handeln – jetzt!

Fazit: Die Werteunion steht nicht isoliert in ihrer Entstehung. Die CDU-Führung muss dringend öffentlich Verantwortung dafür übernehmen, dass sie selbst den Weg für diese konservative Abspaltung geebnet hat. Nur so kann die Gründung der WerteUnion als Warnsignal für eine weitere Verschiebung nach rechts gelten. Auch wenn es laut Expert*innen auch im Osten wohl kaum zur groß angekündigten “Politikwende” durch die WerteUnion kommen wird, ist die CDU als derzeit einzig starke demokratische Partei auf weitem Feld in Brandenburg, Thüringen und Sachsen mehr denn je in der Pflicht, eine inhaltliche Alternative zur alternativen Partei für die Wähler*innen im Osten zu bieten. Sie muss jetzt ihre Versprechen von einer Brandmauer nach rechts einhalten, den stets weiter nach rechts rutschenden Parteifreund*innen Einhalt gebieten und auf der Straße wie im Land- und Bundestag endlich Haltung an der Seite der demokratischen Parteien zeigen!


Geschrieben von: Sabrina Osmann

Sabrina Osmann