Hauptsache Abschieben: Neuer Gesetzesentwurf schockiert mit Gnadenlosigkeit 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schockiert mit einem Gesetzentwurf, der mehr Abschiebungen ermöglichen soll. Respekt und Schutz für Geflüchtete scheinen dabei keine Rolle zu spielen.

Rückführungsverbesserungsgesetz?

“Rückführungsverbesserungsgesetz” – hinter diesem sperrigen Wort verbirgt sich ein Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), der an Hinterhältigkeit und Abscheulichkeit kaum zu übertreffen ist.

Der Gesetzesentwurf regelt neue Maßnahmen, die Abschiebungen für den Staat noch einfacher machen. Schon heute ist es Gang und Gäbe, dass Abschiebungen oft überraschend und mitten in der Nacht passieren, Menschen werden aus dem Schlaf gerissen und dann möglichst schnell aus dem Land befördert – am besten, ohne dass die Bevölkerung etwas davon mitbekommt. Das neue Gesetz sieht vor, dass nicht nur in die Wohnung der Person eingedrungen werden darf, die abgeschoben werden soll, sondern dass in Gemeinschaftsunterkünften auch die Räumlichkeiten der Nachbarn durchsucht werden können!

Das bedeutet ganz konkret, dass immer die Gefahr besteht, dass die Polizei mitten in der Nacht in Privaträume eindringt! Geflüchtete, die zuvor schon traumatisches erlebt haben und eigentlich einen sicheren Ort brauchen, werden so ihrer Sicherheit beraubt und haben keinen Schutzraum mehr. Dabei ist die Unverletzlichkeit der Wohnung sogar im Grundgesetz geregelt. Aber das gilt wohl nicht für Geflüchtete.

Kein Schutz für Schutzsuchende

Weiterhin soll  auch erlaubt werden, die Wohnung komplett zu durchsuchen, um die Identität einer Person feststellen zu können. Die Polizei dringt also nicht nur nachts in eine fremde Wohnung von schutzsuchenden Menschen ein, nein, sie darf jetzt auch noch alles durchwühlen und somit den Menschen weiter Angst machen.

Ein weiterer Punkt ist, dass das Abschiebegewahrsam von 10 auf 28 Tage verlängert werden soll. Das bedeutet, dass Menschen inhaftiert werden, die gar keine Straftat begangen haben! Wer in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, macht sich nämlich nicht der illegalen Einreise strafbar. Das wäre sowieso ein absurdes “Verbrechen”, denn wie sollen Geflüchtete sonst in anderen Ländern Schutz erhalten? Es werden also Menschen bis zu ihrer Abschiebung im Gefängnis festgehalten,selbst Kinder!

Die Asyldebatte ist verloren

Diese neuen Regelungen kommen nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt: die Ampel-Regierung hat die komplette Kontrolle in der sogenannten “Migrationsdebatte” verloren und lässt sich von rechter Meinungsmache leiten. Mit diesem Gesetzesentwurf versucht Faeser, die aktuelle politische Stimmung zu beruhigen und greift auf Stammtischparolen und eine krasse Verallgemeinerung zurück. Faeser sagt, diese Änderungen seien nötig, um in Deutschland weiterhin unserer humanitären Verantwortung für die Menschen gerecht werden können, die wir vor Krieg und Terror schützen müssen – wie die 1,1 Millionen Geflüchteten aus der Ukraine. Um das Grundrecht auf Asyl zu schützen, müssen wir die irreguläre Migration deutlich begrenzen.” Ein fataler Fehlschluss!

Kein Platz für Menschenrechte?

Das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht. Dieser neue Gesetzesentwurf hilft nicht dabei, dieses Menschenrecht zu schützen, nein, es sorgt nur dafür, dass Stimmung gegen Geflüchtete gemacht wird – alles mit dem Ziel, ein weiteres Erstarken der AfD zu verhindern. Aber wer den rechten Parolen mit noch rechteren begegnet, der bekämpft Feuer mit Feuer. Viel mehr braucht es eine Politik, die die Bedeutung des Rechts auf Asyl versteht und das auch kommuniziert, die Kommunen unterstützt mit Kitaplätzen, Unterkünften und Sozialberatung. Eine Politik, die sich wieder auf Mitmenschlichkeit besinnt, eine Politik, für die Geflüchtete nicht nur steigende Zahlen sind, sondern Menschen mit individuellen Geschichten, die Schlimmstes erlebt haben.

Niemand setzt sich in ein Schlauchboot, außer es ist sicherer als das Ufer.

Und eine Sache sei ganz klar gesagt: Abschiebungen sind nie eine Lösung, Abschiebungen sind Teil des Problems. Kein Mensch darf dem Tod überlassen werden, indem er in die Umstände zurückbefördert wird, vor denen er geflohen ist. Niemand setzt sich in ein Schlauchboot, außer es ist sicherer als das Ufer. Abschiebungen bedeuten einen massiven Eingriff in die Rechte eines Menschen. Wer sind wir, das wir glauben entscheiden zu können, wer leben darf und wer nicht? 

Noch muss das Gesetz durch den Bundestag kommen. Man kann nur hoffen, dass sich unsere gewählten Vertreter*innen dafür entscheiden, mit Vernunft und Menschlichkeit zu handeln. Bei dem aktuellen Kurs der Bundesregierung ist das aber unwahrscheinlich.


Geschrieben von: Carla von Frieling

Carla von Frieling

Carla ist Aktivistin bei der Seebrücke und beschäftigt sich gerade mit Asyl- und Aufenthaltsrecht. Für REVOLTE schreibt sie über Seenotrettung, Bleiberecht und Rechtsradikalismus. Kontakt: @carla.vf auf Instagram