“Der Richter wollte mir nicht glauben, dass ich schwul bin” – Machtmissbrauch von AfD-Richter in Gera?!

Am Verwaltungsgericht in Gera werden auffällig viele Klagen von Asylsuchenden abgelehnt. Der Richter kommt aus dem Umfeld der AfD. Einer der Abgelehnten ist das homosexuelle Gewaltopfer Destiny. REVOLTE begibt sich auf Spurensuche. 

Über zehn Jahre ist es her, dass Destiny – ein junger, homosexueller Mann – aus Nigeria floh. Destiny heißt eigentlich anders, der MDR nennt ihn so, zu seinem Schutz. 

“Wenn du dich weigerst, nicht mehr schwul zu sein, zerstören sie dein Leben”, berichtet er im Gespräch mit dem MDR. .

Narben an seinem ganzen Körper bezeugen die schrecklichen Schilderungen.

Destiny wollte Verfolgung und Diskriminierung entkommen, die ihm auch von der eigenen Familie entgegenschlug: “Ich wurde immer wieder geschlagen, verletzt – auch Leute aus der Nachbarschaft waren dabei.”

Von libyschen Camps vor deutsche Gerichte

Doch er landete zuerst in libyschen Camps, erlebt dort Morde und Vergewaltigungen, bis er es irgendwann auf eines der überfüllten Boote schafft, die über das Mittelmeer nach Italien fahren. Eine gefährliche Reise. Irgendwie überlebt er sie.

2021 kommt Destiny in Deutschland an, stellt einen Asylantrag.

Gegenüber den Mitarbeiter*innen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge muss er seine Geschichte erzählen. Er versteht sie schlecht, ist verschüchtert, von der unmenschlichen Flucht traumatisiert.

Die Folge: Weil er seine Erfahrungen nicht ausführlich genug schildert, lehnt die Behörde seinen Asylantrag ab.

Ein Schock für Destiny.

Was jetzt?

Destiny droht die Abschiebung. Zurück nach Nigeria, das Land, in dem ihm sogar seine eigene Familie Gewalt antut, in dem wegen seiner sexuellen Orientierung sein Leben in Gefahr ist.

Doch noch hat Destiny eine Chance. Ein Rechtsbeistand klärt ihn darüber auf, dass er gegen den abgelehnten Asylantrag klagen kann. Diese juristische Überprüfung der Entscheidung steht ihm zu. Also reichte er Klage ein.

Und damit sind wir am Verwaltungsgericht Gera in Thüringen.

Kein Einzelfall: Gericht in Gera urteilt erschreckend oft gegen Geflüchtete

Das VG Gera ist für Asylanträge von Menschen aus afrikanischen Ländern zuständig. Eine solche Aufteilung ist prinzipiell üblich, sie dient der Spezialisierung der Richter*innen.

Doch in Gera erlebt Destiny den nächsten Schock: Sein Einspruch wird abgewiesen.

“Der Richter wollte mir nicht glauben, dass ich schwul bin”, erinnert sich Destiny an die Verhandlung. “Ich habe ihm alles versucht zu erklären. Ich hätte ihm auch Fotos gezeigt, auf denen ich mit einem anderen Mann zusammen bin. Aber der Richter war nicht überzeugt.”

Zufall?

Einzelfall?

Gerechtfertigt?

Ziemlich sicher nichts davon – im Gegenteil!

AfD-Richter mit schlimmer Systematik?!

Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion aus diesem Jahr enthält Zahlen zu den Asylverfahren vor deutschen Verwaltungsgerichten – und nun erstmals auch zu den Verfahren vor dem VG Gera. 

Die Antworten haben es in sich.

Beim Herkunftsland Nigeria zeigt sich zum Beispiel, dass die Chancen, in Gera ein Verfahren zu gewinnen, deutlich schlechter liegen als im Bundesschnitt: 

Zwischen 2015 und 2023 wurden 546 Fälle aus Nigeria verhandelt – und nur in einem Fall bekam der Schutzsuchende Recht. Das entspricht einer Positivquote von nur 0,2%. 

Gleichzeitig hatten bei allen bundesdeutschen Verwaltungsgerichten im Schnitt 6,8 Prozent der Nigeria-Fälle Erfolg (2.867 von 42.326). Die Positivquoten waren andernorts für nigerianische Kläger*innen also deutlich höher.

Fast alle Verfahren wurden vom selben Richter verhandelt: Dr. Bengt-Christian Fuchs, dem Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts. 

Zuständig war Dr. Fuchs zwischen 2017 und 2019 auch für Fälle aus dem Herkunftsland Eritrea. Dabei fällt auf, dass noch im Vorjahr 2016 die Positivquote in Gera bei 18,5 Prozent im Vergleich zu 12,8 im Bundesschnitt lag

Fuchs’ Vorgänger gab also mehr Asylsuchenden Recht als im Bundesschnitt. Im Jahr 2017, als Fuchs Eritrea übernimmt, ändert sich das drastisch: Es sind nur zwei von 261 Fällen (0,8 Prozent), denen der Richter stattgibt – im Gegensatz zu immer noch recht hohen 9,3 Prozent im Bundesschnitt.

Richter Fuchs: Bester Freund der AfD

Ein schrecklicher Verdacht liegt nahe: Richter Fuchs bringt Schutzsuchende systematisch um ihr Recht!

Dafür spricht: 2018 nahm Dr. Fuchs an der Wahlparty des örtlichen AfD-Bürgermeisterkandidaten teil, regelmäßig dessen Restaurant besucht und auf Facebook ständig seine Beiträge kommentierte. 

Zur Einordnung: Die AfD Thüringen gilt laut Verfassungsschutz als “gesichert rechtsextrem”.

Not-Funfact: bewaffnete Rechtsextreme durch Richter Fuchs! 

Weil die Thüringer AfD besonders gefährlich ist, dürfen ihre Mitglieder eigentlich keine Waffen mehr besitzen. 

Doch auch da Schritt das Verwaltungsgericht Gera ein und erlaubte einzelnen AfD-Mitgliedern, die dagegen geklagt hatten, nun doch das führen einer Waffe.

Heftig!

Ein Richter, der viel häufiger Ablehnungen von Asylanträgen bestätigt als seine Kolleg*innen und der Bundesschnitt, der mit AfD-Politikern befreundet sich und AfD-Anhänger*innen bewaffnet.

Der Fuchs ist Geras AfD-Richter!

Ob das für ihn Konsequenzen hat? Offen. 

Drohen Fuchs 5 Jahre Knast?

Immerhin: Destiny legte gegen Dr. Fuchs’ Urteil Berufung ein, die wurde zugelassen. Dessen Fälle werden damit endlich strenger überprüft. 

Lässt sich ihm nachweisen, dass er mutwillig Unrecht verbreitet hat, droht ihm wegen Rechtsbeugung eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

Doch auch so ist der Fall heftig. Er zeigt, wie AfD-Anhänger*innen versuchen, unsere Demokratie von innen zu zerstören. Unter anderem in dem aus Rechts- Unrechtssprechung wird.

Wir dürfen sie damit nicht durchkommen lassen!


Geschrieben von: Technik Team

Technik Team