Unternehmen unverschämt! Arbeitgeber will Tochter von Betriebsrat rausschmeißen!

Foto von Gewerkschaftern

Mitbestimmung ist eigentlich Gesetz in Deutschland. Eigentlich. Denn viel zu oft nutzen Unternehmen ihre Macht, um die Rechte ihrer Mitarbeiter*innen auszuhöhlen.

Das Betriebsverfassungsgesetz ist eindeutig: In Betrieben, in denen regelmäßig mindestens fünf Menschen beschäftigt sind, “wird” ein Betriebsrat gewählt.

WIRD – Deutlicher sind Gesetzestexte selten. Es ist keine Kann-Option. Nichts, worauf sich Chef*in und Mitarbeiter*innen einigen müssen. Es ist eine Vorgabe!

Und das zurecht: Betriebe mit Betriebsrat sind produktiver und innovativer, haben eine geringere Fluktuation und eine familienfreundlichere Personalpolitik, sind also weniger vom Fachkräftemangel bedroht. Auch der Gesundheitsschutz der Beschäftigten funktioniert besser und die Arbeitsplätze sind langfristig sicherer.

Trotzdem sperren sich viele Unternehmen gegen Betriebsratsgründungen. Und ein junges Beispiel ist besonders schockierend: WEIL ZWEI MITARBEITER*INNEN EINEN BETRIEBSRAT GRÜNDEN WOLLTEN, KÜNDIGTE DAS UNTERNEHMEN IHRER TOCHTER!

Richtig gehört. Wer, wie und warum? REVOLTE kennt die ganze Geschichte.

Einschüchterung statt Mitbestimmung

Und die spielt in Nordhessen. Beim Verbindungstechnikhersteller Prepart in Lichtenfels. Ein Handwerksbetrieb mit 100 Beschäftigten, also deutlich mehr als der vom Betriebsverfassungsgesetz für eine Betriebsratsgründung geforderten fünf.

Zwei Beschäftigte, Sebastian Trezmiel und seine Lebenspartnerin Alina, ärgern sich unter anderem über die miserable Schichtplanung des Unternehmens. Ständig werden Schichtsysteme verändert, Dienstpläne über den Haufen geworden.

Sebastian und Alina wissen: GEBE ES IN IHREM BETRIEB EINEN BETRIEBSRAT, DÜRFTE DER BEI DER SCHICHTPLANUNG MITBESTIMMEN, also für mehr Verlässlichkeit sorgen.

Also wenden sie sich an die IG Metall, der Handwerks-Gewerkschaft. Weihen die Gewerkschafter*innen in ihr Vorhaben ein und besprechen mit den Expert*innen die nächsten Schritte. Einer der wichtigsten: Sebastian und Alinas Initiative zur Betriebsratsgründung wird dokumentiert, damit bekommen sie einen besonderen Kündigungsschutz, können ihren Arbeitsplatz während der nächsten Monate also nicht verlieren.

Dann planen sie die Wahlversammlung im Betrieb, hängen – wie gesetzlich vorgeschrieben – die Einladung mit ihren Unterschriften aus. UND WENIGE STUNDEN SPÄTER ERHÄLT IHRE TOCHTER DIE KÜNDIGUNG!

Hintergrund: Sebastians und Alinas Tochter ist noch in der Probezeit, kann also ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Und: Anders als ihre Eltern genießt sie während der Betriebsratsgründung keinen Kündigungsschutz.

Für die Kolleg*innen ist es EIN SCHOCK. Die Tochter war nie negativ aufgefallen, es gab keine Klagen, sie war beliebt. Der Verdacht liegt nahe: Der Firmenchef wollte ein Zeichen gegen die Betriebsratsgründung setzen.

Demokratie im Betrieb weiter stärken

Der Fall zeigt: VIELE UNTERNEHMEN HABEN IMMER NOCH NICHT VERSTANDEN, DASS ARBEITGEBENDE UND BESCHÄFTIGTE VON BETRIEBSRÄTEN PROFITIEREN. Und sind zu schäbigen Tricks bereit, um ihre DEMOKRATIEVERACHTENDE Unternehmenspolitik durchzudrücken.

Und der Fall zeigt auch: Noch immer ist es für Arbeitegbende zu leicht Betriebsratsgründungen zu behindern. Klar, man könnte sogar im Gefängnis landen. Theoretisch. Denn im Betriebsverfassungsgesetz heißt es: Wer Betriebsratswahlen behindert oder beeinflusst, wer die Arbeit der gewählten Gremien stört, wer einzelne Mitglieder benachteiligt oder begünstigt, dem droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Oder zumindest eine Geldstrafe.

Doch Arbeitgebende finden immer noch Schlupflöcher – wie der Fall von Verbindungstechnikhersteller Prepart zeigt. Und sie setzen immer wieder auf Einschüchterung. Die Behinderung von Betriebsratsgründungen soll deswegen jetzt zum Offizialdelikt werden. Heißt: Die Staatsanwaltschaft würde in solchen Fällen von Amts wegen ermitteln und nicht erst, wenn sich Mitarbeiter*innen trauen, ihre*n Chef*in anzuzeigen.

Es braucht aber auch eine weitergehende Interpretation des Behinderungsbegriffs. Auch Kinder, Angehörige und weitere enge Kolleg*innen von Betriebsrats-Initator*innen brauchen einen besonderen Kündigungsschutz. Damit kein Konzern mehr mit taktischer DEMOKRATIEFEINDLICHKEIT durchkommt.

Denn: Unternehmen haben einen Machtvorteil, Beschäftigte sind von ihnen abhängig. Den muss das Gesetz ausgleichen, damit Demokratie funktioniert!

Der Fall in Nordhessen kam übrigens zu einem positiven Ende – und das gleich doppelt. Die Tochter von Sebastian und Alina hat sofort einen neuen Job gefunden, die IG Metall ließ ihr Netzwerk spielen.

Und am Montag findet die Betriebsratsgründung bei Prepart statt.

Stark, was man mit vereinten Kräften erreichen kann!


Geschrieben von: Technik Team

Technik Team