SPD Berlin dreht am Rad – Die schmutzige Debattenkultur im Koalitionsstreit

SPD Berlin dreht am Rad. Die schmutzige Debattenkultur im Koalitionsstreit. Das Bild zeigt das Willi-Brandt-Haus von vorne. Eine SPD-Flagge weht an der Gebäudespitze

Infolge der Koalitionsverhandlungen von SPD und CDU zeigt sich die SPD gespalten. Kurz vor der Abstimmung über den Koalitionsvertrag wird dabei in den eigenen Reihen maßlos über die Stränge geschlagen.

Bis gestern, den 21. April, durften die Mitglieder der Berliner SPD über den Koalitionsvertrag mit der CDU abstimmen. Am Freitag um 10 Uhr wurden bereits die Stimmen von 11.451 der 18.556 Mitglieder verzeichnet, das entspricht 61%. Jetzt zählen die ehrenamtliche Helfer*innen eifrig die Einsendungen aus, Sonntagnachmittag wird dann das Ergebnis bekannt gegeben.

Zerstritten wie noch nie

Bis dahin bleibt es spannend, denn die SPD Berlin ist gespalten wie nie zuvor! 

Ihre Zerstrittenheit zeigte sich in den letzten Wochen nicht nur in den sozialen Medien, in denen sich viele entschieden gegen eine gemeinsame Regierung mit der CDU. 

Die Jusos fahren auch seit März ihre groß angelegte #NoGroko-Kampagne, der sich die Kampage #BesserMitUns älterer SPD-Mitglieder entgegenstellt und der Parteivorstand – maßgeblich Franziska Giffey, Read Saleh, Dennis Buchner und Verbündete – werben eifrig für eine Große Koalition in der Hauptstadt, wohl wissend, dass gleich drei Kreisverbände dagegen sind, darunter auch Giffeys eigener Kreisverband Neukölln. Kürzlich meldete sich auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert mit dem Satz “Mir tut das weh” zu Wort.  

Dass die CDU Berlin und besonders Kai Wegner eine unangemessene Wahl für die Berliner Regierung wären, hat Revolte bereits in mehreren Beiträgen ausgeführt (Rechtsradikale Kontakte und Fremdenfeindlichkeit seien als Stichworte genannt). 

Grundlose Faschismus-Anschuldigung von SPD-Mitglied

Während GroKo-Befürworter Saleh in den Zwisten aber auch Potenziale für die innerparteiliche Debattenkultur sieht, ist leider unbestreitbar, dass einige Sozialdemokrat*innen in ihren Auseinandersetzungen die Sachebene komplett verlassen haben. Ein schockierender Höhepunkt wurde erreicht, als der stellvertretende Vorsitzende der AG der Selbständigen, Sven Matthias Mahnke, über die Juso-Landesvorsitzende Sinem Taşan-Funke twittert: “Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin Sinem Tasan-Funke und habe ein Migrationshintergrund.”

Die Äußerung soll ein Parteiordnungsverfahren gegen Mahnke nach sich ziehen, so die Vorstände zweier Kreisverbänder. Gut, dass diese ekelhafte Äußerung Konsequenzen hat und die Parteimitglieder sich geeint gegen solches Verhalten stellen. Dass es in der derzeitigen Debatte aber in der SPD zu Aussagen dieser Art kommen kann, dass ein erklärter Sozialdemokrat öffentlich eine solche Ignoranz und Geschichtsvergessenheit ausdrückt, die man nur von Rechtsaußen zu kennen meint, sollte der SPD Berlin zu denken geben. 


Es bleibt also spannend. Auch über den Sonntag hinaus…


Geschrieben von: Amy Amoakuh

Amy Amoakuh

Amy ist Chefredakteurin der REVOLTE. Sie beschäftigt sich neben Sprachwissenschaft auch mit Sozialpolitik und Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Fragen, Anmerkungen oder Kommentare bitte an @a_amoakuh auf Twitter.