Der größte Kampf in der Geschichte

123 Tage streikten die Beschäftigten bei Vestas, weil das Unternehmen ihnen einen Tarifvertrag verweigerte. Nun die Wende: Der Tarifvertrag kommt!

Fragt man seine Großeltern nach dem größten Kampf aller Zeiten, erinnern sie sich vielleicht hieran: Am 30. Oktober 1974 trafen in Kinshasa die Box-Champions Muhammad Ali und George Foreman aufeinander.

Fragt man aber mich, erzähle ich von den Kolleg*innen bei Vestas, die ganze 123 TAGE IM STREIK waren, um ENDLICH einen Tarifvertrag zu erzwingen.

Und darum geht es: Vestas beschäftigt in Deutschland weit über hundert Menschen im Windrad-Bau und -Betrieb, doch das dänische Unternehmen unterlag bislang nicht der Tarifbindung. Das heißt: Allgemeinverbindliche Regelungen zu grundlegenden Arbeitsbedingungen wie Gehalt, Arbeitszeit, Urlaubstagen oder Weihnachtsgeld gab es nicht.

Hintergrund: In Deutschland gilt die Tarifautonomie. Der Staat gibt also nur Minimalanforderungen an Arbeitsbedingungen vor, ihre konkrete Ausgestaltung ist dann Aufgabe der Tarifvertragsparteien. Das sind die Arbeitgeber*innen – in diesem Fall Vestas – und die Gewerkschaften, hier die IG Metall.

Keine Gesprächsbereitschaft: Unternehmen zwang Mitarbeiter*innen zum Streik

Und weil Vestas nicht mit der IG Metall verhandeln wollte, rief die ihre Beschäftigten zum unbefristeten Streik auf. Letztes Jahr am 7. November begann der Arbeitskampf, war zwischenzeitlich für Verhandlungen unterbrochen und dauerte insgesamt also 123 Tage.

123 Tage, in denen Vestas alles unternahm, um den Willen der Beschäftigten zu brechen: Zuletzt bot das Unternehmen Mitarbeiter*innen, die das Streiken einstellen, sogar Streikbrecher*innenprämien an, also EXTRA-KNETE dafür, dass sie ihre Kolleg*innen allein lassen. Die Reaktion der Kolleg*innen: Sie streikten weiter, blieben ungebrochen.

Auch aus den dänischen Betriebsstätten wollte Vestas Arbeitnehmer*innen nach Deutschland schicken, um den Streik zu umgehen. Reaktion der dänischen Gewerkschaft: Sie bestreikten Vestas daraufhin ebenfalls, riefen ihre Mitglieder auf, nicht für Streikbrecher*innentätigkeiten nach Deutschland zu gehen.

Endlich Durchbruch im Arbeitskampf

123 Tage – BIS JETZT! Denn es gab endlich einen Durchbruch: Vestas erklärte sich – wegen des Drucks der Beschäftigten – doch noch bereit mit der IG Metall zu verhandeln. Und die setzte einen Tarifvertrag durch: Ab Januar 2024 gilt der, bringt den Beschäftigten 5,4 % mehr Lohn und eine steuerfreie Einmalzahlung in Höhe von 2.750€. Und ab 2025 gilt dann sogar der Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie, der stärkste Tarifvertrag der IG Metall.

Das zeigt: KÄMPFEN LOHNT SICH! Und Solidarität zahlt sich aus. Unter schwierigsten Bedingungen – die Vestas-Mitarbeiter*innen arbeiten deutschlandweit verteilt und konnten sich während ihres Streiks nur online austauschen außerdem verzichteten sie für den Arbeitskampf vorübergehend auf Geld – haben die Beschäftigten ihr Recht durchgesetzt.

Es war ein harter Kampf.

Aber ein erfolgreicher.

Wer braucht da noch Muhammed Ali gegen George Foreman…?


Geschrieben von: Technik Team

Technik Team