Breites Bündnis fordert: Bessere Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft

Mit einer Petition wendet sich das “Bündnis gegen Dauerbefristung in der Wissenschaft” an Bildungsministerin Stark-Watzinger (FDP). Ihr Appell ist deutlich.

Deutschland ist Wissenschaftsstandort. Und nicht irgendeiner: An über 400 Hochschulen lehren und forschen bundesweit angehende Wissenschaftler*innen, werden fast 3 Millionen Studierende auf ihre akademische Laufbahn vorbereitet.

Das ist gut. Denn wir alle brauchen die Wissenschaft, zum Beispiel um die sozialen und technologischen Herausforderungen von Klimakrise oder Digitalisierung zu meistern oder medizinischen Fortschritt zu gestalten.

Doch die Wissenschaft lebt auch von den Menschen, die sie gestalten. Und die haben es in Deutschland alles andere als leicht: 9 von 10 wissenschaftlich Beschäftigten haben nur einen befristeten Arbeitsvertrag, 42% aller Arbeitsverträge in der Wissenschaft haben eine kürzere Laufzeit als ein Jahr.

Die Folge: Kaum Planungssicherheit, Zukunftsängste und der ständige Druck, sich doch für ein Berufsleben außerhalb der Wissenschaft zu entscheiden. Darunter leiden junge Wissenschaftler*innen ganz besonders – ABER EBEN AUCH WIR ALLE!

Befristungs-Irrsinn beenden!

Verantwortlich für die prekären Arbeitsbedingungen ist das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG). Es erlaubt Befristungen während der Qualifikationsphase, also zum Beispiel während der Promotion und bis zum Ende einer Habilitation. Und es schreibt die Maximaldauer vor, die junge Wissenschaftler*innen befristet beschäftigt sein dürfen: 12 Jahre. ZWÖLF JAHRE UNSICHERHEIT!

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) soll das WissZeitVG deswegen reformieren, so sieht es der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Doch ihr erster Entwurf ist enttäuschend – eine klassische Verschlimmbesserung.

Ein zentraler Punkt ist nämlich die Verkürzung der Qualifikationsphase von 12 auf 9 Jahre. Anstatt wie bisher 6 Jahre, soll man nach der Promotion künftig nur noch 3 Jahre befristet beschäftigt werden können. Die Logik des Bildungsministeriums: So wird für die Betroffenen die Planbarkeit erhöht. Doch eine Promotion in drei Jahren – das schafft fast niemand! Erst recht nicht, wenn die Promotionsstudierenden nebenbei gewissenhaft forschen und lehren sollen.

Das sieht auch das “Bündnis gegen Dauerbefristung in der Wissenschaft” so. Ein Zusammenschluss aus hochrangigen Fachverbänden vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) über den freien zusammenschluss von student*innenschaften (fzs) bis zur Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen.

Die gesamte Liste der Erstunterzeichner*innen:

  • Arbeitnehmerkammer Bremen
  • Arbeitskammer des Saarlandes
  • Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (bukof)
  • Bundesweites Netzwerk Studentischer Tarifvertragsinitiativen (TVStud)
  • Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)
  • Deutsche Gesellschaft Juniorprofessur e.V. (DGJ)
  • freier zusammenschluss von student*innenschaften (fzs)
  • Gesamtbetriebsrat der Fraunhofer-Gesellschaft
  • Gesamtbetriebsrat der Max-Planck-Gesellschaft
  • Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
  • Konferenzrat der Psychologie-Fachschaften-Konferenz (PsyFaKo)
  • Network of Doctoral Researcher Networks (N²)
  • Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss)
  • Personal- und Betriebsräte der Helmholtz-Gemeinschaft (PBHGF)
  • Personal- und Betriebsräte der Leibniz-Gemeinschaft – Koordinierungsgruppe (PBL)
  • RespectScience
  • Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)
  • Zusammenkunft aller Physikfachschaften (ZaPF)

Chancengerechtigkeit in der Wissenschaft

Ihre Forderung: NACHSITZEN FÜR STARK-WATZINGER! Die Bildungsministerin soll das Wissenschaftszeitvertragsgesetz noch einmal überarbeiten.

Wichtigster Punkt: Verträge für Promovierende sollen sich an der tatsächlichen Dauer einer Dissertation orientieren, also im Regelfall 6, mindestens aber 4 Jahre lang laufen. Die Arbeitsverträge von studentischen Beschäftigten sollen zudem mindestens 2 Jahre laufen. Richtig wichtig, weil alles andere den Start in die wissenschaftliche Laufbahn für Studierende aus armen Familien unnötig erschwert.

Und: Nach der Promotion sollen unbefristete Arbeitsverhältnisse die Regel werden. Heißt: Befristung nur noch mit Sachgrund. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen würden so gestärkt. Und das gleich doppelt: Einerseits, weil sie mehr Planungssicherheit hätten. Andererseits, weil sie länger in einem Projekt bleiben und so eine höhere fachliche Expertise aufbauen können. Außerdem soll es einen Nachteilsausgleich für Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, bei Be_hinderung oder im Falle einer chronischen Erkrankung geben. Chancengleichheit in der Wissenschaft – richtig wichtig.

Die dritte Forderung des renommierten Bündnisses: Die Streichung der Tarifsperre ohne Wenn und Aber! Gewerkschaften und Arbeitgeber müssen Verbesserungen für die Beschäftigten aushandeln dürfen – so wie in anderen Branchen auch.
Gute Forschung und Lehre gibt es nur mit fairen Arbeitsbedingungen. Das ist klar. Und wir brauchen sie. Gut, dass es diese Petition gibt!


Geschrieben von: Technik Team

Technik Team