Wenn schon Familienpolitik, dann richtig!

Familienministerin Paus (Grüne) will auf Druck von Finanzminister Lindner (FDP) beim Elterngeld sparen – zwar nur bei den reichsten zwei Prozent, aber trotzdem ist der Aufschrei groß. SPD-Chef Klingbeil will stattdessen das Ehegattensplitting abschaffen. Eine gute Idee, kommentiert REVOLTE-Autor Jan Bühlbecker.

20 Milliarden Euro kostet das Ehegattensplitting jedes Jahr.

Dabei ist es längst überholt. Denn das Ehegattensplitting bevorteilt vor allem Ehepaare, die sich für die sogenannte “traditionelle Rollenverteilung” entscheiden. Heißt: Eine*r arbeitet, eine*r bleibt zuhause.

Den höheren Steuersatz zahlt dann nämlich die Person, die zuhause bleibt. Und die Person, die mehr Geld verdient, zahlt weniger Steuern. Klar, dass man da versucht, dass eine*r möglichst viel und eine*r möglichst wenig verdient…

Ehegattensplitting bringt eh nichts

Dabei ist die Idee hinterm Ehegattensplitting ja durchaus sinnvoll: Das Gründen von Familien soll gefördert werden. Wichtig, denn unsere Gesellschaft braucht Kinder. Gebe es deutschlandweit keinen Nachwuchs, sehen wir alt aus: Keine Wertschöpfung, keine Pflege, nichts.

Aber das Ehegattensplitting fördert dieses Ziel kaum noch. Und es hat einen viel zu hohen Preis. Es steht der Gleichstellung der Geschlechter aktiv im Weg.

Und: Ehepartner*innen profitieren vom Ehegattensplitting auch, wenn sie gar keine Kinder haben. Trotzdem wird es von CDU und FDP verteidigt. Komisch, wehren die sich doch sonst immer gegen sozialpolitische Maßnahmen, die (vermeintlich) willkürlich mit der Gießkanne verteilit werden…

Streicht man das Ehegattensplitting, wie es SPD-Chef Lars Klingbeil jetzt wieder einmal vorgeschlagen hat, sparen wir pro Jahr 20 Milliarden Euro.

Aber das greift natürlich zu kurz. Denn das gesparte Geld gehört trotzdem wieder ausgegeben – aber eben so, dass damit TATSÄCHLICH Familien gefördert werden. 

Und 20 Milliarden Euro im Jahr sind für die Förderung von Familien eine echte Hausnummer – selbst wenn man die knapp 300 Millionen Euro abzieht, die Familienministerin Lisa Paus (Grüne) laut Finanzminister Christian Lindner (FDP) ab 2024 einsparen soll und bislang beim Elterngeld für Superreiche kürzen wollte.

Kindergrundsicherung, KiTa-Plätze und Ganztagsschulen

Mit den 20 Milliarden Euro könnte man zum Beispiel eine ECHTE KINDERGRUNDSICHERUNG finanzieren. Die würde laut DGB jährlich 12 Milliarden Euro kosten und könnte dafür Kinderarmut deutschlandweit beenden. Weil sie Leistungen niedrigschwellig bündelt und insbesondere wirtschaftlich schwächere Familien nachhaltig fördert.

Blieben jährlich acht Milliarden. Immer noch eine Hausnummer. Mein Vorschlag: Damit sollte wir FLÄCHENDECKEND KiTa- und Ganztagsausbau finanzieren. Denn das ermöglicht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und macht damit das Kinderkriegen tatsächlich einfacher.

Der flächendeckende Ausbau von Ganztagsschulen würde deutschlandweit einmalig 15 Milliarden Euro kosten. Teilen sich Bund und Länder die Kosten, könnte man ihn mit den Einsparungen im ersten Jahr ohne Ehegattensplitting und mit Kindergrundsicherung finanzieren. Trotz Lindner-Sparzwang.

Gleiches gilt für den flächendeckenden Ausbau von KiTa-Plätzen, das Investitionsprogramm in Jahr 2: 400.000 KiTa-Plätze fehlen bislang nämlich, 1.000 Euro kostet die Einrichtung eines neuen Platzes. Heißt: Vier Milliarden müsste der Bund bereitstellen. Vier Milliarden würde er einsparen.

Steuersenkungen, die bei allen Erwerbstätigen ankommen

Und ab dem 3. Jahr? Da sollten die Einsparungen für eine Anhebung des Steuerfreibetrages verwendet werden. Heißt: Beschäftigte könnten deutlich mehr im Monat verdienen, ohne darauf Steuern zahlen zu müssen. Aktuell sind das knapp 900€. Mit 8 Milliarden Euro Budget wäre da ein echter Sprung möglich.

Und auch für alle die, die mehr als 900€ verdienen, bedeutet das Ersparnisse: Ihr zu versteuerndes Einkommen schrumpft nämlich um die Höhe des Steuerfreibetrages.

Warum das eine bessere Alternative zum Ehegattensplitting ist? Weil das alle Familien entlastet, nicht nur Verheiratete. Und weil es wirtschaftlich schwächere Familien mehr hilft als reicheren. Und wir wissen: Wirtschaftliche Sicherheit unterstützt bei der Familienplanung.

Ich finde darum: Lars Klingbeil hat Recht. Das Ehegattensplitting kann weg. Aber das damit Ersparte muss umverteilt werden! Und zwar so, dass es Kinder und Gleichstellung fördert und für eine gerechtere Ressourcenverteilung sorgt. Das geht. Und wäre die richtige Antwort auf Lindners planlose Spar-Offensive!


Geschrieben von: Technik Team

Technik Team